Juni 2023 Leinsamen – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

 Leinsamen (Semen Lini)

Der auch bei uns bekannte Leinsamen wird seit dem 11. Jahrhundert in der Chinesischen Pharmazeutik erwähnt. Das Temperaturverhalten wird als neutral mit einer Tendenz zur Wärme beschrieben, die Geschmacksrichtung wird als süß angegeben. Der Leinsamen zeigt einen besonderen Bezug zu den Funktionskreisen „Lunge“, „Milz“, „Leber“ und „Niere“. Vor allem wird als Wirkung jedoch hervorgehoben, dass er den Funktionsbereich „Leber“ und „Niere“ nährend ergänzt und stützt und dabei auch eine laxierende Wirkung entfaltet.

In der westlichen Pflanzenheilkunde beeindruckt in erster Linie das Quellungsvermögen des Leinsamens, wobei durch einen Dehnungsreiz die Darmperistaltik gefördert wird. Durch die Schleimwirkung und das als Gleitmittel wirkende Öl wird die abführende Wirkung noch verstärkt. In diesem Sinne gilt der Leinsamen bei uns nahezu ausschliesslich als Laxans und wird in vielen Arzneimittelkombinationen zur Therapie bei Verstopfung eingesetzt. 

Diese Indikation spielt auch in der chinesischen Medizin eine Rolle. Im Vordergrund steht allerdings die aufbauende und Energie zuführende Wirkung. So wird das Mittel in erster Linie also bei einem Säfteverlust im Bereich der Funktioinskreise „Leber“ und „Niere“ eingesetzt, hier mit einer Symptomatik, wie früh gealtertes Aussehen, früh ergrautes Haar, allgemeine Kraftlosigkeit und leichte Erschöpfbarkeit.

Mai 2023 Ginsengwurzel – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

Ginsengwurzel (Radix Ginseng)

Ginseng ist sicher eines der schillerndsten Heilmittel der chinesischen Pharmazie. In China und in ganz Südostasien ranken sich Mythen und Volkssagen um diese Wurzel. Er wird als Wundermittel, als Medizin mit einzigartiger Kraft beschrieben. Im Westen steht man diesen Berichten und Überlieferungen eher skeptisch gegenüber, da sämtliche Untersuchungsmethoden nach westlichem Muster weitgehend nichtssagende Ergebnisse hervorgebracht haben.

Erst in jüngster Zeit, nämlich 1987 wurde in Stockholm die erste klinischer Studie durchgeführt. Diese zeigte eindeutig, dass sich das Arbeitsvermögen und die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit deutlich durch die Behandlung mit Ginseng verbesserte.

Während der wild wachsende Ginseng seit Jahrtausenden als das edelste Heilmittel gilt, begann man aufgrund des grossen Bedarfs vor etwa 300 Jahren damit, Ginsengpflanzen anzubauen, wobei jedoch auch dies ein mühsames Unterfangen war. Nur im Norden Chinas, an der Grenze zu Korea und zu Russland sind die landschaftlichen Bedingungen, der Boden und dass Klima dafür geeignet. Es dauert mindestens acht Jahr bis eine Ginsengwurzel „reif“ ist.

In den letzten Jahrzehnten kam dann der amerikanische Ginseng (Panax quinquefolium) zu dem asiatischen Ginseng hinzu, wobei sich jedoch bald herausstellte, dass die beiden Ginsengwurzeln sich in ihrer Wirkung stark unterscheiden.

Das Temperaturverhalten des chinesischen Ginseng wird als neutral angegeben, die Geschmacksrichtung ist süß und etwas bitter. Der Funktionskreisbezug besteht zu den Bereichen der „Mitte“ und der „Lunge“. Die Hauptwirkung besteht darin das Ursprungs-qi, also die tiefste Energie des Menschen „aufzufüllen“. Ginseng kann also helfen bei folgernden Indikationen: extreme Erschöpfung im energetischen Zustand des „qi“, Symptome wie schwacher, kaum wahrnehmbarer Atem, ununterbrochenes Schwitzen mit kalten Händen und Füßen, übergroße Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Appetitlosigkeit bei gespanntem Bauch.

Abzugrenzen von diesem Wirkspektrum des chinesischen Ginsengs ist wie schon oben erwähnt das des amerikanischen Ginsengs, der aufgrund seines „kühlen“ Geschmacks und insbesondere seines Bezuges zu den Funktionsbereichen „Lunge“ und „Magen“ eine ganz andere Wirkung hat. Fieber und trockener Husten, als typische Hitzezeichen oder auch Durst und ein trockener Mund bilden eine Indikation für die Verwendung des amerikanischen Ginsengs. Aufgrund seiner kühlenden Eigenschaften ist dieser Ginseng besonders in Südchina während der heissen Sommermonate sehr beliebt.

April 2023 Meerträubel – aus dem Schatzhaus chinesischer Arzneien

 Meerträubel (Herba Ephedrae)

Das Ephedrakraut ist ein typisches Beispiel dafür, das ein Heilmittel bei uns ganz besonders dann an Bedeutung gewinnt, wenn ein Inhaltsstoff als vermeintlicher Wirkstoff extrahiert und in dieser oder ähnlicher Form chemisch synthetisiert werden kann.Das extrahierte Alkaloid Ephedrin wirkt erregend auf den Sympatikusnerv und führt damit beim Menschen zu einer Gefäßverengung sowie zu einer Lösung der Bronchialmuskulatur. Eine Konstruktion der kleinen Gefäße führt auch zu einer Anschwellung der Schleimhaut, beispielsweise bei einer Konjunktivitis oder bei lokaler Anwendung  – bei Nasenschwellungen (Nasensprays, Augen tropfen) Ephedrin wirkt deutlich blutdrucksteigernd. Aufgrund der von ihm bewirkten Erweiterung des Bronchialsystems wird es vielen Asthmamitteln verwendet, entweder in direkter Form oder als abgewandelter Wirkstoff. Von diesen westlichen klinischen Daten sind natürlich die jahrtausendelangen klinischen Beobachtungen der chinesischen Medizin deutlich zu unterscheiden.

Das Kraut der Ephedra zeigt ein warmes Temperaturverhalten, sowie eine ausgeprägte scharfe Geschmacksrichtung. Es wirkt insbesondere bei den Funktionsbereichen „Lunge“ und „Blase“ Es öffnet Poren, wirkt Schweißtreibend und diuretisch. Diese Wirkbeschreibungen sind deutlich von den westlichen Beobachtungen zu unterscheiden, auch wenn die Komponente des antiasthmatischen in beiden Medizinen vorkommt. In der chinesischen Medizin liebe für das Ephedrakraut die Hauptbedeutung darin, dass es bei energetischen Stauungen von „Kälteschädigungen“ im Funktionskreis „Lunge“ als potentestes Mittel gilt, um diesen Stauungszustand zu lösen. Wenn also ein grippaler Infekt vorliegt, eine Erkältung mit Frösteln bei gleichzeitig bestehendem Fieber, was anzeigt, dass die Oberfläche noch geschlossen ist – wenn dabei Kopf-und Gliederschmerzen, Atemprobleme und Druck auf der Brust auftreten, wirkt Ephedra lösend, nach aussen leitend, die Oberfläche öffnend und dadurch die energetische Aufladung ableitend. Eine zusätzliche Wirkung stellt die immer wieder beobachtete Diuresteigerung dar. Bei Ödemen wird das Wasser nicht nur durch vermehrten Schweiß ausgeschieden, sondern auch durch die verstärkte Wasserausleitung über die Harnwege.

März 2023 Zimt aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneimittel

 Zimt (Cinnamomum) 

Schon vor der Zeitwende gehörte Zimt zu den bedeutenden Heilmitteln der chinesischen Medizin. Der Umgang mit Zimt ist eine Wissenschaft für sich, da in China vom Zimtbaum, sowohl die kleinen Äste als Ganzes als auch deren Rindenstücke und schliesslich die Rinde des Stammes unterschiedlich verwendet werden. Hierbei wird sogar noch zwischen älteren und jüngeren Bäumen unterschieden. Auch in unseren Breitengraden verwenden wir Zimtstangen oder Röllchen von sehr jungen Bäumen im Vergleich zu Zimtstreifen aus der Rinde älterer Bäume.

Das Temperaturverhalten der Zimtrinde ist heiss, geschmacklich scharf und süß. Zur gesamten „Mitte“ und zum Funktionskreis „Niere und Leber“ besteht ein besonderer Bezug. Als wesentlich Wirkung wird deshalb auch die Erwärmung der „Mitte“ angegeben, sowie auch eine deutlich Ergänzung der aktiven Energien. Schädigungen verursacht durch Kälte werden zerstreut und dadurch Schmerzen gelindert.

Die westliche Medizin verwendet lediglich das ätherische Öl, welche eine Anregung der Magensaftsekretion anregt. Ähnlich eng und bescheiden ist auch ihre medizinische Bedeutung, die nicht wesentlich über die Verwendung als Gewürz hinausgeht.

Ganz anders in der chinesischen Medizin. Bei permanentem Frieren, kalten Extremitäten, Impotenz und ständiger Durchfallneigung, Zeichen, die auf eine energetische Schwäche im Bereich der untersten Schicht, im Bereich des Funktionskreises „Niere“ hinweisen, gilt die Zimtrinde als eines der wichtigsten und wirksamsten Mittel. Ihr heisses Temperaturverhalten sorgt vor allen bei „Kälte-Befunden“ für eine Aktivierung von Energien. Schmerzen im Bauch mit Durchfall, dabei aber Durstlosigkeit und Schweißlosigkeit sind Zeichen für eine Erschöpfung der Energien und gleichzeitig „Kältesymptome“.

Bei einer passenden Symptomatik, einer allgemeinen Erschöpfung, einem Zustand nach langer Krankheit, bildet die Zimtrinde eines der wichtigsten therapeutischen Hilfsmittel.

Februar 2023 Spargel aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneimittel

Spargel (Asparagus)Der Spargel ist uns mehr als eine kulinarische, saisonale Köstlichkeit denn als Heilmittel bekannt. Aber er wird seit Jahrtausenden in chinesischen Arzneibüchern erwähnt und kommt auch bei uns in alten Kräuterbüchern. Aus chinesischer Sicht zeigt er ein kaltes Temperaturverhalten. Seine Geschmacksrichtung findet sich bei bitter und süß und er weist einen besonderen Bezug zu den Funktionsbereichen „Lunge und Niere“ auf. Die Wirkung von Spargel wird damit umschrieben, dass er den Funktionsbereich „Lunge“ befeuchtet und dass Yin stützt. Dadurch wird die Entstehung aktiver Säfte angeregt. Da Spargel (kalt und süß) den Funktionsbereich „Lunge“ befeuchtet, eignet er sich hervorragend bei einem Mangel der Säfte in diesem Funktionskreis, sprich trockenem Husten oder fieberhaft erhöhter Temperatur. Ein energetischer Mangelzustand in den Funktionsbereichen „Lungen und Niere“ bei gleichzeitigen „Hitze-Zeichen“ mit Symptomen wie Durst, Fieber, Mundtrockenheit ect. legt die Verwendung von Spargel nahe.Die westliche Kräutermedizin schreibt dem Spargel einen kräftigen harntreibenden Effekt zu. Verwendet wir Spargel hier als Adjuvans in einigen Blasen-und Nierentees, da hier der diuretische Effekt im Vordergrund steht.

Januar 2023 Knoblauch – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

Knoblauch (Allium sativum)In den chinesischen Kehrbüchern wird der Knoblauch seit dem 6. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung als Heilmittel erwähnt und wie folgt beschrieben: Temperaturverhalten warm und Geschmacksrichtung scharf.Der Knoblauch wirkt auf den „mittleren“ Funktionsbereich und hier besonders auf den Funktionsbereich „Magen“, sowie auf den funktionellen Bereich „Lunge“ und einen dazugehörigen Anteil, der mit „Dickdarm“ bezeichnet wird. Knoblauch wirkt antiparasitisch, entgiftend und sowohl fungizid als auch bakterizid. Er „zerteilt“ Schwellungen. Nach westlichen Vorstellungen und Untersuchungsergebnissen aufgrund der chemischen Analyse wirkt der Knoblauch besonders durch ein ätherisches Öl, indem schwefelhaltige Verbindungen, wie Alicen, Diallyldisulfid und Diallyldtrisulfid enthalten sind. Bei klinischen Untersuchungen konnte eine fäulnishemmende, gallentreibende Wirkung des Knoblauchs nachgewiesen werden. Mithilfe von Knoblauch können Cholesterinspiegel und Blutdruck gesenkt werden.In der chinesischen Medizin umfasst die Indikationsliste allem voran den Befall des Magen-Darm-Bereichs durch Parasiten, insbesondere durch Würmer. Aber auch bei entzündlichen Prozessen oder Erkrankungen wie der Amöbenruhr zeigt Knoblauch eine hilfreiche Wirkung, sowohl oral als auch über die Anwendung von Klistieren. Äusserliche Entzündungen, Ulzera der Haut sprechen positiv auf eine lokale Anwendung der zerriebenen Knoblauchzehe an. Bei allen Insektenstichen oder Bissen bewährt sich eine Auflage oder Umschlag mit einer zerdrückten Zehe.

Dezember 2022 Beifuss

BEIFUSS

Artemisia vulgaris

Sucht man in einem botanischen Inhaltsverzeichnis das Wort „Artemisia“, dann sieht man, dass es in dieser Familie einige Heil- und Gewürzpflanzen gibt, die diesen Namen tragen und deren Wirksamkeit und Heilkraft gefragt sind. Neben dem Gemeinen Beifuß (A. vulgaris) hat sein „großer Bruder“ der Wermut (A. absinthium) die führende Rolle als Heilpflanze übernommen; große Bedeutung hat der Einjährige Beifuß (A. annua) vor allem in der traditionellen chinesischen Medizin, aber auch der Zitwer (A. cina) kam in der Volksmedizin zur Anwendung und die Eberraute (A. abrotanum) hat heute vorwiegend in der Homöopathie ihr Einsatzgebiet. Bleibt noch der Estragon (A.dracunculus), der weltweit als Gewürzpflanze kultiviert wird.

Der Gemeine Beifuß trägt im Volksmund auch noch einige andere Namen. So nannte man ihn Wilder Wermut, Johannesgürtel-, Weiber-, Jungfern-, Sonnwend-, Fliegen- oder Besenkraut. Warum die Pflanze den lateinischen Namen Artemisia bekam, ist nicht sicher zu beurteilen; auch bei der deutschen Bezeichnung Beifuß gibt es nur Vermutungen: z.B., dass nach einem alten Aberglauben die Pflanze vor der Ermüdung der Beine schützt, wenn man sie am Fuß anbindet.

ANWENDUNG IN DER HAUSAPOTHEKE

In der Volksmedizin war und ist der Beifuß eine gern verwendete Heilpflanze, da sie in ausreichender Menge in der Natur zu finden ist und in einigen Indikationen zur Anwendung kommen kann.

Teezubereitungen mit Beifuß werden in der Volksmedizin als bitter-aromatisches Mittel bei Appetitlosigkeit, Blähungen und Völlegefühl verwendet, oder auch bei Zuständen, bei denen durch zu gering vorhandene Magensäure eine reibungslose Verdauungskette gestört ist. Zusätzlich unterstützt die verbesserte Gallensekretion eine optimale Verwertung der aufgenommenen Nahrung.

In der Volksmedizin schreibt man dem Beifuß auch günstige Eigenschaften bei der Behandlung von Krämpfen, Koliken, Menstruationsbeschwerden zu.

TEEBEREITUNG

Ein gehäufter Teelöffel wird mit 150 ml kochendem Wasser übergossen, man lässt 5 Minuten ziehen und seiht dann ab.

Als appetitanregender Tee werden 2-3 x täglich eine Tasse 20 Min vor dem Essen getrunken; als verdauungsfördernder Tee wird der Tee am Ende des Essens eingenommen.

ANWENDUNG IN DER KÜCHE

Den Beifuß findet man immer wieder auch als sinnvolles Gewürz bei fetten Speisen zur Verbesserung der Verdauung. Der bitter aromatische Geschmack passt durchaus zum fetten Schweinebraten oder zur Martinigans.

Günstig kann sich auch die Einnahme eines Beifuß-Aperitifs auf die Verdauungskräfte und den Appetit auswirken. Dabei wird Beifuß mit Melisse und Pfefferminze in Weißwein über 24 Stunden angesetzt, danach wird abgeseiht; eventuell kann man mit etwas Honig den Aperitif süßen.

Nebenwirkungen

Bei der Einnahme in therapeutischen Dosen sollte es zu keinen Nebenwirkungen kommen. Im Einzelfall ist eine Kontaktdermatitis beschrieben worden; in den Pollen sind Substanzen mit allergenem Potenzial.

ZUSAMMENFASSUNG

Der Beifuß ist eine Heilpflanze, die in der Volksmedizin gut verankert ist. Da sie schwächer als der „große Bruder“ Wermut wirkt, wird dieser in der Schulmedizin angewandt. Der Beifuß ist auf den nördlichen Kontinenten sehr häufig an trockenen, aber auch an feuchten Standorten zu finden. Die Bitterstoffe und das ätherische Öl machen ihn zu einer Heilpflanze, die zur Verbesserung des Appetits und der Verdauung beitragen. Man nützt ihn aber auch bei Krämpfen und Menstruationsbeschwerden.

November 2022 Hopfen

HOPFEN

Humulus lupulus L.

In den Arzneibüchern finden wir sowohl die Hopfenzapfen (Lupuli flos oder Lupuli strobulus) der weiblichen Hopfenpflanzen, als auch die Hopfendrüsen (Lupuli glandula oder Lupulin), die durch Ausklopfen und Absieben der Hopfenzapfen gewonnen werden. Während der Geruch der Hopfenzapfen kräftig würzig und der Geschmack kratzend, leicht bitter ist, haben die Hopfendrüsen (grünlichgelbe bis orangegelbe Kügelchen) einen stark würzigen Geruch und würzig-bitteren Geschmack.

Woher der Name „Humulus“ kommt, ist nicht eindeutig belegt; man vermutet darin eine latinisierte Form von germanischen Bezeichnungen. Das Beiwort „Lupulus“ stellt eine Verkleinerungsform vom Wolf (lupus) dar. So wie der Wolf mit seinen Zähnen das Schaf packt und festhält, besitzt auch der Hopfen die Eigenschaft, sich an anderen Pflanzen und Gegenständen festzuhalten.

MEDIZINISCHE ANWENDUNG 

Zur Anwendung kommen die getrockneten Hopfenzapfen häufig als ein Bestandteil (bis zu 40 %) von Teemischungen mit anderen beruhigend wirkenden Drogen oder in Form von Hopfenextrakten in verschiedenen Fertigarzneimitteln.

Anerkannt wurde die Wirkung bei Einschlafstörungen, nervöser Unruhe, Übererregbarkeit, Angst- und Spannungszuständen. Trotz der klinischen Bestätigung kann die Wirkung nicht eindeutig bestimmten Inhaltsstoffen zugeordnet werden.

Dem Hopfen werden aber in der Volksmedizin noch weitere Anwendungsgebiete zugesprochen. So wird seine Anwendung bei Gallenproblemen, wenn diese Beschwerden nervös bedingt sind, empfohlen. Auch soll er bei Blasenproblemen Linderung bringen. Er soll auch auf sexuelle Erregungszustände dämpfend wirken und gilt in der Volksmedizin als Anaphrodisiakum. Durch die Bitterstoffe kommt es durch den Hopfen auch zur Appetitanregung und zur Steigerung der Magensaftsekretion. Äußerlich kann man versuchen, Geschwüre und Hautverletzungen mit wässrigen Extrakten zu behandeln.

Teezubereitung: 0,5 Gramm zerkleinerte Hopfenzapfen werden mit 150 ml kochendem Wasser übergossen; dann lässt man 10-15 Minuten ziehen und seiht ab. Es können 2-3 Tassen täglich und vor dem Schlafengehen eine weitere Tasse Tee getrunken werden.

Achtung: Hopfenzapfen verlieren bei der Lagerung ihre Drüsenhaare, die sich dann am Boden des Gefäßes ansammeln.

NICHTMEDIZINISCHE VERWENDUNG VON HOPFEN

Der größte Teil der Hopfenproduktion wird beim Bierbrauen gebraucht. Hier spielen sowohl die Anteile der Bitterstoffe aber auch die Zusammensetzung des ätherischen Öles eine große Rolle.

Hopfendolden wurden gerne in den Bibliotheken hinter die Bücher gelegt, da sie die Luftfeuchtigkeit gut regulieren und auch Insekten abwehren.

Hopfenspargel hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten – aber doch teuren – Gemüse im Frühjahr entwickelt.

ZUSAMMENFASSUNG 

Der Hopfen wurde erst ab dem 8. Jahrhundert für medizinische Zwecke genützt. Ab dem 11. Jahrhundert fand er auch beim Bierbrauen Verwendung. Von der zweihäusigen Pflanze werden nur weibliche Pflanzen in den Kulturen angebaut und deren Hopfenzapfen mit den Hopfendrüsen geerntet und verarbeitet. In der medizinischen Verwendung spielen verschiedene Inhaltsstoffe eine wichtige Rolle. Anerkannt sind die Anwendung der Hopfenzapfen und deren Extrakte bei Einschlafstörungen, Unruhe, Übererregbarkeit, Angst und Spannungszuständen.

Oktober 2022 Schafgarbe

SCHAFGARBE

Staude des Jahres 2021

Achillea millefolium L. s.l.

Dank der unterschiedlichen und vielfältigen Wirksamkeit der Inhalts- und Wirkstoffe dieser Heilpflanze trägt die Schafgarbe das Prädikat „Staude des Jahres 2021“.

Wissenschaftlich anerkannt sind Wirkungen auf den Magen- Darmtrakt, auf die Haut oder bei Krampfzuständen bei entweder innerlicher oder auch äußerlicher Anwendung. Für viele Menschen sind Zubereitungen aus der Schafgabe gut wirksame Arzneimittel und auch gut verträglich; bei einer kleinen Gruppe von Menschen kann es zu allergischen Reaktionen kommen, die bei Korbblütlern allgemein bekannt sind.

Namen wie Bauchwehkraut, Jungfrauenkraut, Blutstillkraut oder Achilleskraut weisen in der Volksmedizin bereits auf die Wirksamkeiten der Heilpflanze hin.

So zahlreich die Pflanze in der Natur zu finden ist, so zahlreich ist auch ihr Variantenreichtum bezüglich ihrer Gestalt, ihrer Chromosomenvielfalt und ihrer chemischen Varianten; daher muss man bei der Schafgarbe davon ausgehen, dass man bei dieser Sammelart bei ähnlichem Aussehen nicht immer auf die gleiche Qualität trifft, besonders dann, wenn es Proazulen-freie Sippen sind.

ANWENDUNG IN DER MEDIZIN UND IN DER HAUSAPOTHEKE

Die Fülle der Inhaltsstoffe bringt ein sehr vielseitiges Wirkungsspektrum; dadurch ergeben sich auch verschiedene Anwendungsmöglichkeiten in der wissenschaftlich anerkannten Literatur und in der Volksmedizin.

Wässrige Zubereitungen (Tee) und alkoholische Extrakte zeigen sehr gute Wirkungen auf den Verdauungstrakt. Da viele Wirkstoffe der Schafgarbe in Wasser und Alkohol gut löslich sind, sind beide Formen für eine Therapie gut geeignet.

Sinnvoll und anerkannt ist der Einsatz bei dyspeptischen Beschwerden, wie bei leichten, krampfartigen Beschwerden und Entzündungen im Magen–Darmbereich, bei Völlegefühl, Blähungen, Appetitlosigkeit und bei Gallenproblemen zur Förderung der Gallenproduktion bei zu geringer Gallensekretion. Aber auch im gynäkologischen Bereich gibt man Schafgarbe bei Menstruationsbeschwerden bzw. leichten krampfartigen Unterleibsbeschwerden.

Nicht nur im innerlichen Bereich gilt die Schafgarbe als hervorragende Heilpflanze. Äußerlich ist ihre Anwendung angezeigt bei entzündeter Haut, Schleimhauterkrankungen oder als Wundheilmittel. Sitzbäder bei schmerzhaften Krampfzuständen des kleinen Beckens der Frau werden ebenfalls medizinisch empfohlen.

Die blutstillende Eigenschaft nützt man außer bei Wunden auch bei Problemen mit Hämorrhoiden. Sogar eitrige Wunden, Geschwüre und Blutergüsse werden in der Volksmedizin mit Schafgarbe behandelt.

Trotz dieser vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten sollte aber auch nicht vergessen werden, dass diese Pflanze aufgrund ihrer Inhaltsstoffe auch Allergiepotenzial besitzt, und daher nicht von allen Menschen genützt werden kann.

ZUSAMMENFASSUNG

Die Schafgarbe ist eine in weiten Teilen Europas heimische Heilpflanze, die weiß oder rosa blüht und durch feine Unterschiede eine Sammelart bildet. Seit vielen Jahrhunderten ist die Schafgarbe eine wertvolle Hilfe bei verschiedenen Erkrankungen. Auch heute wird sie von der Wissenschaft als appetitanregendes, krampflösendes, verdauungsförderndes, gallenwirksames Heilmittel anerkannt. Weitere Anwendung findet die Schafgarbe in der Frauenheilkunde, bei Hautproblemen und zur Wundbehandlung.

Das Allergiepotenzial, durch Sesquiterpenlactone verursacht, sollte man bei einer kleinen Gruppe von Menschen nicht unbeachtet lassen.

September 2022 Mariendistel

MARIENDISTEL

Silybum marianum (L.) Gaertn.

Seit mehreren Jahrzehnten ist die Mariendistel eine durch viele Studien belegte und bewährte Arzneipflanze bei progressiven Erkrankungen der Leber, die ohne den prophylaktischen oder therapeutischen Einsatz von Extrakten aus den Fruchtschalen zur Zerstörung der Leberzellen führen. In Würdigung der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über sie, aber auch der letzten Forschungsergebnisse mit neuen Perspektiven für die zukünftige Anwendung hochwertiger Mariendistelextrakte, hat die HMPPA (Herbal Medicinal Products Platform Austria) die Mariendistel zur Arzneipflanze 2021 gekürt.

In Anlehnung an das distelähnliche Aussehen der Mariendistel gab man ihr zunächst den Namen Carduus marianus L.

MEDIZINISCHE ANWENDUNG 

Die Hauptwirkung der Extrakte aus den Mariendistelfrüchten wird dem Silymarin zugeschrieben. Dieser Wirkstoffkomplex verändert einerseits die Struktur der Leberzellmembranen so, dass Gifte (Toxine) nicht in das Innere der Zellen eindringen können oder erschwert transportiert werden; zusätzlich besitzen Extrakte auch Radikalfängereigenschaften, wirken antioxidativ, regen die Regenerationsfähigkeit der Leberzellen an. Höhere Dosen senken auch die Sterblichkeit bei Menschen mit einer alkoholbedingten Leberzirrhose. Zusätzlich hemmen Extrakte eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes (antifibrotische Wirkung z.B. bei Leberzirrhose), wirken entzündungshemmend, immunmodulierend und regen eine verstärkte Gallenabsonderung an.

Der Silymarinkomplex oder Silibinin werden sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung durch Gifte verursachter (toxischer) Leberschäden verwendet oder können von chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen bis zur Leberzirrhose, bei Fettleber oder nach Hepatitiserkrankungen zur Anwendung kommen. Bei einem irrtümlichen Genuss des Knollenblätterpilzes bringt eine rechtzeitige parenterale Gabe von Silibinin, einem Wirkstoff aus dem Silymarinkomplex, die Chance, die Leberzellen dieses Patienten vor der Zerstörung durch die Giftstoffe zu schützen.

Studien der letzten Jahre eröffnen für die Zukunft hoffentlich weitere therapeutische Optionen mit Mariendistelextrakten. So gibt es Hinweise, dass Prostata-Tumorzellen im Wachstum gehemmt werden und auch deutliche protektive Wirkungen bei der Entwicklung von anderen Tumoren gefunden wurden. Hoffnungsvolle Ergebnisse gibt es auch im Bereich einer cholesterinsenkenden Wirksamkeit und einer günstigen Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels. Auch die topische Anwendung von Silymarin gibt neue Hoffnung bei der Behandlung von Hautschäden nach einer Chemo- oder Strahlentherapie.

Für einen therapeutischen Nutzen ist einem Arzneimittel mit definiertem Silymaringehalt der Vorzug zu geben. Tagesdosen von 400 bis 600 Milligramm werden, je nach Erkrankung, für eine erfolgreiche Therapie verordnet.

Teezubereitung der Früchte: sie ist weniger sinnvoll, weil durch das Wasser nur ein geringer Anteil der Wirkstoffe gelöst werden kann und damit die teils notwendige Dosis von 3×140 Milligramm, berechnet als Silibinin fast unerreichbar ist. Wer trotzdem einen Tee versuchen will, nimmt 20 Gramm fein zerteilte Früchte pro Tasse Tee, macht daraus eine Abkochung durch längeres Kochen und seiht dann ab.

Bei dyspeptischen Beschwerden kann man 3 Gramm (= 1 Teelöffel) der zerquetschten Früchte mit kochendem Wasser übergießen und 10 bis 30 Minuten ziehen lassen; dann seiht man ab und trinkt 3 bis 4 mal täglich eine Tasse frisch bereiteten Tee.

ZUSAMMENFASSUNG

Die Mariendistel hat ihre Heimat im Mittelmeerraum, lässt sich aber auch mit bestem Erfolg in Mitteleuropa kultivieren. Die wertvollen Wirkstoffe sitzen in den Schalen der Früchte, sind aber schlecht wasserlöslich. Daher ist Extrakten mit einem gesicherten Anteil an Flavonolignanen der Vorzug zu geben.

Hochwertige Mariendistelextrakte bewirken eine Stabilisierung der Leberzellmembranen, haben Radikalfängereigenschaften und verbessern die Regenerationsfähigkeit der Leberzellen. Derzeit werden vorwiegend verschiedene Erkrankungen der Leber behandelt; für die Zukunft scheinen sich neue Möglichkeiten zu ergeben.