MARIENDISTEL
Silybum marianum (L.) Gaertn.
Seit mehreren Jahrzehnten ist die Mariendistel eine durch viele Studien belegte und bewährte Arzneipflanze bei progressiven Erkrankungen der Leber, die ohne den prophylaktischen oder therapeutischen Einsatz von Extrakten aus den Fruchtschalen zur Zerstörung der Leberzellen führen. In Würdigung der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über sie, aber auch der letzten Forschungsergebnisse mit neuen Perspektiven für die zukünftige Anwendung hochwertiger Mariendistelextrakte, hat die HMPPA (Herbal Medicinal Products Platform Austria) die Mariendistel zur Arzneipflanze 2021 gekürt.
In Anlehnung an das distelähnliche Aussehen der Mariendistel gab man ihr zunächst den Namen Carduus marianus L.
MEDIZINISCHE ANWENDUNG
Die Hauptwirkung der Extrakte aus den Mariendistelfrüchten wird dem Silymarin zugeschrieben. Dieser Wirkstoffkomplex verändert einerseits die Struktur der Leberzellmembranen so, dass Gifte (Toxine) nicht in das Innere der Zellen eindringen können oder erschwert transportiert werden; zusätzlich besitzen Extrakte auch Radikalfängereigenschaften, wirken antioxidativ, regen die Regenerationsfähigkeit der Leberzellen an. Höhere Dosen senken auch die Sterblichkeit bei Menschen mit einer alkoholbedingten Leberzirrhose. Zusätzlich hemmen Extrakte eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes (antifibrotische Wirkung z.B. bei Leberzirrhose), wirken entzündungshemmend, immunmodulierend und regen eine verstärkte Gallenabsonderung an.
Der Silymarinkomplex oder Silibinin werden sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung durch Gifte verursachter (toxischer) Leberschäden verwendet oder können von chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen bis zur Leberzirrhose, bei Fettleber oder nach Hepatitiserkrankungen zur Anwendung kommen. Bei einem irrtümlichen Genuss des Knollenblätterpilzes bringt eine rechtzeitige parenterale Gabe von Silibinin, einem Wirkstoff aus dem Silymarinkomplex, die Chance, die Leberzellen dieses Patienten vor der Zerstörung durch die Giftstoffe zu schützen.
Studien der letzten Jahre eröffnen für die Zukunft hoffentlich weitere therapeutische Optionen mit Mariendistelextrakten. So gibt es Hinweise, dass Prostata-Tumorzellen im Wachstum gehemmt werden und auch deutliche protektive Wirkungen bei der Entwicklung von anderen Tumoren gefunden wurden. Hoffnungsvolle Ergebnisse gibt es auch im Bereich einer cholesterinsenkenden Wirksamkeit und einer günstigen Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels. Auch die topische Anwendung von Silymarin gibt neue Hoffnung bei der Behandlung von Hautschäden nach einer Chemo- oder Strahlentherapie.
Für einen therapeutischen Nutzen ist einem Arzneimittel mit definiertem Silymaringehalt der Vorzug zu geben. Tagesdosen von 400 bis 600 Milligramm werden, je nach Erkrankung, für eine erfolgreiche Therapie verordnet.
Teezubereitung der Früchte: sie ist weniger sinnvoll, weil durch das Wasser nur ein geringer Anteil der Wirkstoffe gelöst werden kann und damit die teils notwendige Dosis von 3×140 Milligramm, berechnet als Silibinin fast unerreichbar ist. Wer trotzdem einen Tee versuchen will, nimmt 20 Gramm fein zerteilte Früchte pro Tasse Tee, macht daraus eine Abkochung durch längeres Kochen und seiht dann ab.
Bei dyspeptischen Beschwerden kann man 3 Gramm (= 1 Teelöffel) der zerquetschten Früchte mit kochendem Wasser übergießen und 10 bis 30 Minuten ziehen lassen; dann seiht man ab und trinkt 3 bis 4 mal täglich eine Tasse frisch bereiteten Tee.
ZUSAMMENFASSUNG
Die Mariendistel hat ihre Heimat im Mittelmeerraum, lässt sich aber auch mit bestem Erfolg in Mitteleuropa kultivieren. Die wertvollen Wirkstoffe sitzen in den Schalen der Früchte, sind aber schlecht wasserlöslich. Daher ist Extrakten mit einem gesicherten Anteil an Flavonolignanen der Vorzug zu geben.
Hochwertige Mariendistelextrakte bewirken eine Stabilisierung der Leberzellmembranen, haben Radikalfängereigenschaften und verbessern die Regenerationsfähigkeit der Leberzellen. Derzeit werden vorwiegend verschiedene Erkrankungen der Leber behandelt; für die Zukunft scheinen sich neue Möglichkeiten zu ergeben.