Dezember 2023 Minze – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

 Minze

Es gibt drei verschiedene Minzearten, die auch pharmakologisch von unterschiedlicher Bedeutung sind: die Pfefferminze, die grüne Minze und die Ackerminze. 

Die europäische Pflanzenheilkunde verwendet nahezu ausschließlich die Pfefferminze, die uns allen als Hausmittel vertraut ist.

Die chinesische Medizin benutzt dagegen überwiegend die Ackerminze, die seit dem 7. Jahrhundert in den Arzneibüchern beschrieben wird.

Alle Minzearten enthalten als wesentlichen Bestandteil ein ätherisches Öl, bei der Pfefferminze sind es 0,3-04 % der relativen Anteile, bei der Ackerminze jedoch zwischen 1 und 2 %, also drei-viermal soviel.

Aus chinesischer Sicht wird das Temperaturverhalten des Krautes der Ackerminze als kühl beschrieben, seine Geschmacksrichtung als scharf. Ein Funktionskreisbezug besteht zum Bereich Lunge und Leber.

Die Wirkung im Sinne der chinesischen Medizin besteht darin, daß warme „Windschädigungen“ zerstreut und gelöst werden, daß die Energie im Kopf und Augenbereich gekühlt und geklärt wird. Außerdem werden Exantheme zum Durchbruch gebracht, die Heilung derselben beschleunigt und eine Reinigungsfunktion wahrgenommen.

Im Westen wurde vor allem das Menthol der Pfefferminze isoliert und besonderen Untersuchungen unterzogen. Auffallend ist die äußerliche, Kälte erzeugende Wirkung der Minze, die zu einer Verminderung des Empfindungsvermögens führt und ihre Wirkung als Anästhetikum.

Als besonders wichtig wird die Gallensaft fördernde und Gallensekretion erhöhende Eigenschaft verstanden. Weiterhin wird eine krampflösende Wirkung angegeben. 

Die chinesischen Indikationen konzentrieren sich dagegen stärker auf den Funktionsbereich Lunge mit Symptomen wie mangelnde Schweißbildung, Kopfschmerzen und gerötete Augen (Leber). Die Rötung der Augen bei entsprechenden Pulsen und einem entsprechenden Zungenbefund deuten auf einen „Wärmebefund“ Derartige Störungen werden durch die Ackerminze ausgeleitet.

Die mehr lokale Verwendung ist im Westen wesentlich gebräuchlicher als in der chinesischen Medizin. So macht man sich den kühlenden Effekt des Menthols als Migränestift, als antirheumatischen Einreibemittel und als Schnupfen und Erkältungsmittel zunutze.

Oktober 2023 Ingwer – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

 Ingwer

Der Ingwer hat inzwischen längst in vielen Küchen Einzug gehalten und ist immer beliebter geworden. Die Aussage der Chinesen, dass bei jedem Essen auch Ingwer enthalten sein sollte, verweist auf seine Bedeutung als Digestivum, die seit altersher in China hervorgehoben wird. Die frische Ingwerwurzel zeigt einen besonderen Bezug zum Funktionsbereich Lunge und vor allem zur Mitte. Bei der getrockneten Wurzel erweitert sich das Wirkspektrum noch auf die Funktionskreise Herz und Niere.

Die frische Ingwerwurzel löst die Oberfläche und wirkt schweißtreibend. Die gesamte Mitte wird erwärmt, Übelkeit beseitigt. Der Schleim wird sowohl aus dem bronchialen Bereich als auch aus dem Bereich der Mitte abgeleitet. Darüber hinaus wird der Lungenbereich erwärmt und er Hustenreiz gestillt.

Ingwer läßt die aktiven Energien zurückkehren – die erwärmende Wirkung hat so einen allgemein belebenden Einfluß auf sämtliche Funktionsbereiche.

Bei Erbrechen und Unverträglichkeitsreaktionen nach verdorbenen Speisen ist Ingwer ein besonders zuverlässiges Heilmittel. Auch bei Arzneimittelunverträglichkeiten, wo es unter Umständen zu einem sofortigen Erbrechen kommen kann, verwendet die chinesische Medizin reinen Ingwerpreßsaft, um dies zu unterbinden.

August 2023 – aus dem Schatzhaus chinesischer Arzneien

 Süßholzwurzel (Radix glycyrrhizae liquiritia)

Die Süßholzwurzel gehört zu den ältesten und am häufigsten verwendeten Arzneimitteln in der chinesischen Medizin. Im Westen ist sie als Bestandteil von Lakritze bekannt aber auch als pflanzliches Heilmittel.

Die Süßholzwurzel verfügt über ein neutrales Temperaturverhalten und wirkt auf alle Funktionsbereiche des Menschen. Hier wird die breite Wirkung des Arzneimittel schon deutlich. Als Hauptwirkung wird eine Ergänzung der Energien der „Mitte“ angegeben. Es werden Hitzebefunde abgeleitet und sie wirkt entgiftend. Im Funktionsbereich „Lunge“ wirkt sie befeuchtend, Schleim wird gelöst und ausgetrieben.

In der westlichen Wissenschaft wurde die Süßholzwurzel wiederholt mit intensiven analytischen Verfahren untersucht. Hier haben sich zwei Hauptbereiche in der medizinischen Verwendung herauskristallisiert: zum einen die Anwendung als Expektorans, nämlich das Lösen von Schleim im Bronchialbereich und zum anderen als Phytotherapeutikum für die Therapie bei Magengeschwüren.

In der Chinesischen Medizin fällt der Süßholzwurzel vor allem eine große Bedeutung als Adjuvans zur Dämpfung innerhalb eines Rezeptes, sprich bei der Verwendung mehrerer Kräuter zu. Hier stellt die Süßholzwurzel eine besondere Verwendung dar, da sie in der Lage ist, ein großes Wirkspektrum zu glätten und divergierende Wirkrichtungen zu dämpfen.

Cave! Der übermäßige Genuss von Süßholz, etwa in Form von Lakritze, birgt Gefahren. Insbesondere bei Neigung zu „Feuchtigkeitsstörungen“, bei einer entsprechenden Labilität der „Mitte“, kann es zu Ödembildungen, Gewichtszunahme, erhöhtem Blutdruck und Herzfunktionsstörungen kommen.

Juni 2023 Leinsamen – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

 Leinsamen (Semen Lini)

Der auch bei uns bekannte Leinsamen wird seit dem 11. Jahrhundert in der Chinesischen Pharmazeutik erwähnt. Das Temperaturverhalten wird als neutral mit einer Tendenz zur Wärme beschrieben, die Geschmacksrichtung wird als süß angegeben. Der Leinsamen zeigt einen besonderen Bezug zu den Funktionskreisen „Lunge“, „Milz“, „Leber“ und „Niere“. Vor allem wird als Wirkung jedoch hervorgehoben, dass er den Funktionsbereich „Leber“ und „Niere“ nährend ergänzt und stützt und dabei auch eine laxierende Wirkung entfaltet.

In der westlichen Pflanzenheilkunde beeindruckt in erster Linie das Quellungsvermögen des Leinsamens, wobei durch einen Dehnungsreiz die Darmperistaltik gefördert wird. Durch die Schleimwirkung und das als Gleitmittel wirkende Öl wird die abführende Wirkung noch verstärkt. In diesem Sinne gilt der Leinsamen bei uns nahezu ausschliesslich als Laxans und wird in vielen Arzneimittelkombinationen zur Therapie bei Verstopfung eingesetzt. 

Diese Indikation spielt auch in der chinesischen Medizin eine Rolle. Im Vordergrund steht allerdings die aufbauende und Energie zuführende Wirkung. So wird das Mittel in erster Linie also bei einem Säfteverlust im Bereich der Funktioinskreise „Leber“ und „Niere“ eingesetzt, hier mit einer Symptomatik, wie früh gealtertes Aussehen, früh ergrautes Haar, allgemeine Kraftlosigkeit und leichte Erschöpfbarkeit.

April 2023 Meerträubel – aus dem Schatzhaus chinesischer Arzneien

 Meerträubel (Herba Ephedrae)

Das Ephedrakraut ist ein typisches Beispiel dafür, das ein Heilmittel bei uns ganz besonders dann an Bedeutung gewinnt, wenn ein Inhaltsstoff als vermeintlicher Wirkstoff extrahiert und in dieser oder ähnlicher Form chemisch synthetisiert werden kann.Das extrahierte Alkaloid Ephedrin wirkt erregend auf den Sympatikusnerv und führt damit beim Menschen zu einer Gefäßverengung sowie zu einer Lösung der Bronchialmuskulatur. Eine Konstruktion der kleinen Gefäße führt auch zu einer Anschwellung der Schleimhaut, beispielsweise bei einer Konjunktivitis oder bei lokaler Anwendung  – bei Nasenschwellungen (Nasensprays, Augen tropfen) Ephedrin wirkt deutlich blutdrucksteigernd. Aufgrund der von ihm bewirkten Erweiterung des Bronchialsystems wird es vielen Asthmamitteln verwendet, entweder in direkter Form oder als abgewandelter Wirkstoff. Von diesen westlichen klinischen Daten sind natürlich die jahrtausendelangen klinischen Beobachtungen der chinesischen Medizin deutlich zu unterscheiden.

Das Kraut der Ephedra zeigt ein warmes Temperaturverhalten, sowie eine ausgeprägte scharfe Geschmacksrichtung. Es wirkt insbesondere bei den Funktionsbereichen „Lunge“ und „Blase“ Es öffnet Poren, wirkt Schweißtreibend und diuretisch. Diese Wirkbeschreibungen sind deutlich von den westlichen Beobachtungen zu unterscheiden, auch wenn die Komponente des antiasthmatischen in beiden Medizinen vorkommt. In der chinesischen Medizin liebe für das Ephedrakraut die Hauptbedeutung darin, dass es bei energetischen Stauungen von „Kälteschädigungen“ im Funktionskreis „Lunge“ als potentestes Mittel gilt, um diesen Stauungszustand zu lösen. Wenn also ein grippaler Infekt vorliegt, eine Erkältung mit Frösteln bei gleichzeitig bestehendem Fieber, was anzeigt, dass die Oberfläche noch geschlossen ist – wenn dabei Kopf-und Gliederschmerzen, Atemprobleme und Druck auf der Brust auftreten, wirkt Ephedra lösend, nach aussen leitend, die Oberfläche öffnend und dadurch die energetische Aufladung ableitend. Eine zusätzliche Wirkung stellt die immer wieder beobachtete Diuresteigerung dar. Bei Ödemen wird das Wasser nicht nur durch vermehrten Schweiß ausgeschieden, sondern auch durch die verstärkte Wasserausleitung über die Harnwege.