Mai 2023 Ginsengwurzel – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

Ginsengwurzel (Radix Ginseng)

Ginseng ist sicher eines der schillerndsten Heilmittel der chinesischen Pharmazie. In China und in ganz Südostasien ranken sich Mythen und Volkssagen um diese Wurzel. Er wird als Wundermittel, als Medizin mit einzigartiger Kraft beschrieben. Im Westen steht man diesen Berichten und Überlieferungen eher skeptisch gegenüber, da sämtliche Untersuchungsmethoden nach westlichem Muster weitgehend nichtssagende Ergebnisse hervorgebracht haben.

Erst in jüngster Zeit, nämlich 1987 wurde in Stockholm die erste klinischer Studie durchgeführt. Diese zeigte eindeutig, dass sich das Arbeitsvermögen und die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit deutlich durch die Behandlung mit Ginseng verbesserte.

Während der wild wachsende Ginseng seit Jahrtausenden als das edelste Heilmittel gilt, begann man aufgrund des grossen Bedarfs vor etwa 300 Jahren damit, Ginsengpflanzen anzubauen, wobei jedoch auch dies ein mühsames Unterfangen war. Nur im Norden Chinas, an der Grenze zu Korea und zu Russland sind die landschaftlichen Bedingungen, der Boden und dass Klima dafür geeignet. Es dauert mindestens acht Jahr bis eine Ginsengwurzel „reif“ ist.

In den letzten Jahrzehnten kam dann der amerikanische Ginseng (Panax quinquefolium) zu dem asiatischen Ginseng hinzu, wobei sich jedoch bald herausstellte, dass die beiden Ginsengwurzeln sich in ihrer Wirkung stark unterscheiden.

Das Temperaturverhalten des chinesischen Ginseng wird als neutral angegeben, die Geschmacksrichtung ist süß und etwas bitter. Der Funktionskreisbezug besteht zu den Bereichen der „Mitte“ und der „Lunge“. Die Hauptwirkung besteht darin das Ursprungs-qi, also die tiefste Energie des Menschen „aufzufüllen“. Ginseng kann also helfen bei folgernden Indikationen: extreme Erschöpfung im energetischen Zustand des „qi“, Symptome wie schwacher, kaum wahrnehmbarer Atem, ununterbrochenes Schwitzen mit kalten Händen und Füßen, übergroße Müdigkeit, Kraftlosigkeit und Appetitlosigkeit bei gespanntem Bauch.

Abzugrenzen von diesem Wirkspektrum des chinesischen Ginsengs ist wie schon oben erwähnt das des amerikanischen Ginsengs, der aufgrund seines „kühlen“ Geschmacks und insbesondere seines Bezuges zu den Funktionsbereichen „Lunge“ und „Magen“ eine ganz andere Wirkung hat. Fieber und trockener Husten, als typische Hitzezeichen oder auch Durst und ein trockener Mund bilden eine Indikation für die Verwendung des amerikanischen Ginsengs. Aufgrund seiner kühlenden Eigenschaften ist dieser Ginseng besonders in Südchina während der heissen Sommermonate sehr beliebt.

April 2023 Meerträubel – aus dem Schatzhaus chinesischer Arzneien

 Meerträubel (Herba Ephedrae)

Das Ephedrakraut ist ein typisches Beispiel dafür, das ein Heilmittel bei uns ganz besonders dann an Bedeutung gewinnt, wenn ein Inhaltsstoff als vermeintlicher Wirkstoff extrahiert und in dieser oder ähnlicher Form chemisch synthetisiert werden kann.Das extrahierte Alkaloid Ephedrin wirkt erregend auf den Sympatikusnerv und führt damit beim Menschen zu einer Gefäßverengung sowie zu einer Lösung der Bronchialmuskulatur. Eine Konstruktion der kleinen Gefäße führt auch zu einer Anschwellung der Schleimhaut, beispielsweise bei einer Konjunktivitis oder bei lokaler Anwendung  – bei Nasenschwellungen (Nasensprays, Augen tropfen) Ephedrin wirkt deutlich blutdrucksteigernd. Aufgrund der von ihm bewirkten Erweiterung des Bronchialsystems wird es vielen Asthmamitteln verwendet, entweder in direkter Form oder als abgewandelter Wirkstoff. Von diesen westlichen klinischen Daten sind natürlich die jahrtausendelangen klinischen Beobachtungen der chinesischen Medizin deutlich zu unterscheiden.

Das Kraut der Ephedra zeigt ein warmes Temperaturverhalten, sowie eine ausgeprägte scharfe Geschmacksrichtung. Es wirkt insbesondere bei den Funktionsbereichen „Lunge“ und „Blase“ Es öffnet Poren, wirkt Schweißtreibend und diuretisch. Diese Wirkbeschreibungen sind deutlich von den westlichen Beobachtungen zu unterscheiden, auch wenn die Komponente des antiasthmatischen in beiden Medizinen vorkommt. In der chinesischen Medizin liebe für das Ephedrakraut die Hauptbedeutung darin, dass es bei energetischen Stauungen von „Kälteschädigungen“ im Funktionskreis „Lunge“ als potentestes Mittel gilt, um diesen Stauungszustand zu lösen. Wenn also ein grippaler Infekt vorliegt, eine Erkältung mit Frösteln bei gleichzeitig bestehendem Fieber, was anzeigt, dass die Oberfläche noch geschlossen ist – wenn dabei Kopf-und Gliederschmerzen, Atemprobleme und Druck auf der Brust auftreten, wirkt Ephedra lösend, nach aussen leitend, die Oberfläche öffnend und dadurch die energetische Aufladung ableitend. Eine zusätzliche Wirkung stellt die immer wieder beobachtete Diuresteigerung dar. Bei Ödemen wird das Wasser nicht nur durch vermehrten Schweiß ausgeschieden, sondern auch durch die verstärkte Wasserausleitung über die Harnwege.

März 2023 Zimt aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneimittel

 Zimt (Cinnamomum) 

Schon vor der Zeitwende gehörte Zimt zu den bedeutenden Heilmitteln der chinesischen Medizin. Der Umgang mit Zimt ist eine Wissenschaft für sich, da in China vom Zimtbaum, sowohl die kleinen Äste als Ganzes als auch deren Rindenstücke und schliesslich die Rinde des Stammes unterschiedlich verwendet werden. Hierbei wird sogar noch zwischen älteren und jüngeren Bäumen unterschieden. Auch in unseren Breitengraden verwenden wir Zimtstangen oder Röllchen von sehr jungen Bäumen im Vergleich zu Zimtstreifen aus der Rinde älterer Bäume.

Das Temperaturverhalten der Zimtrinde ist heiss, geschmacklich scharf und süß. Zur gesamten „Mitte“ und zum Funktionskreis „Niere und Leber“ besteht ein besonderer Bezug. Als wesentlich Wirkung wird deshalb auch die Erwärmung der „Mitte“ angegeben, sowie auch eine deutlich Ergänzung der aktiven Energien. Schädigungen verursacht durch Kälte werden zerstreut und dadurch Schmerzen gelindert.

Die westliche Medizin verwendet lediglich das ätherische Öl, welche eine Anregung der Magensaftsekretion anregt. Ähnlich eng und bescheiden ist auch ihre medizinische Bedeutung, die nicht wesentlich über die Verwendung als Gewürz hinausgeht.

Ganz anders in der chinesischen Medizin. Bei permanentem Frieren, kalten Extremitäten, Impotenz und ständiger Durchfallneigung, Zeichen, die auf eine energetische Schwäche im Bereich der untersten Schicht, im Bereich des Funktionskreises „Niere“ hinweisen, gilt die Zimtrinde als eines der wichtigsten und wirksamsten Mittel. Ihr heisses Temperaturverhalten sorgt vor allen bei „Kälte-Befunden“ für eine Aktivierung von Energien. Schmerzen im Bauch mit Durchfall, dabei aber Durstlosigkeit und Schweißlosigkeit sind Zeichen für eine Erschöpfung der Energien und gleichzeitig „Kältesymptome“.

Bei einer passenden Symptomatik, einer allgemeinen Erschöpfung, einem Zustand nach langer Krankheit, bildet die Zimtrinde eines der wichtigsten therapeutischen Hilfsmittel.

Februar 2023 Spargel aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneimittel

Spargel (Asparagus)Der Spargel ist uns mehr als eine kulinarische, saisonale Köstlichkeit denn als Heilmittel bekannt. Aber er wird seit Jahrtausenden in chinesischen Arzneibüchern erwähnt und kommt auch bei uns in alten Kräuterbüchern. Aus chinesischer Sicht zeigt er ein kaltes Temperaturverhalten. Seine Geschmacksrichtung findet sich bei bitter und süß und er weist einen besonderen Bezug zu den Funktionsbereichen „Lunge und Niere“ auf. Die Wirkung von Spargel wird damit umschrieben, dass er den Funktionsbereich „Lunge“ befeuchtet und dass Yin stützt. Dadurch wird die Entstehung aktiver Säfte angeregt. Da Spargel (kalt und süß) den Funktionsbereich „Lunge“ befeuchtet, eignet er sich hervorragend bei einem Mangel der Säfte in diesem Funktionskreis, sprich trockenem Husten oder fieberhaft erhöhter Temperatur. Ein energetischer Mangelzustand in den Funktionsbereichen „Lungen und Niere“ bei gleichzeitigen „Hitze-Zeichen“ mit Symptomen wie Durst, Fieber, Mundtrockenheit ect. legt die Verwendung von Spargel nahe.Die westliche Kräutermedizin schreibt dem Spargel einen kräftigen harntreibenden Effekt zu. Verwendet wir Spargel hier als Adjuvans in einigen Blasen-und Nierentees, da hier der diuretische Effekt im Vordergrund steht.

Januar 2023 Knoblauch – aus dem Schatzhaus der chinesischen Arzneien

Knoblauch (Allium sativum)In den chinesischen Kehrbüchern wird der Knoblauch seit dem 6. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung als Heilmittel erwähnt und wie folgt beschrieben: Temperaturverhalten warm und Geschmacksrichtung scharf.Der Knoblauch wirkt auf den „mittleren“ Funktionsbereich und hier besonders auf den Funktionsbereich „Magen“, sowie auf den funktionellen Bereich „Lunge“ und einen dazugehörigen Anteil, der mit „Dickdarm“ bezeichnet wird. Knoblauch wirkt antiparasitisch, entgiftend und sowohl fungizid als auch bakterizid. Er „zerteilt“ Schwellungen. Nach westlichen Vorstellungen und Untersuchungsergebnissen aufgrund der chemischen Analyse wirkt der Knoblauch besonders durch ein ätherisches Öl, indem schwefelhaltige Verbindungen, wie Alicen, Diallyldisulfid und Diallyldtrisulfid enthalten sind. Bei klinischen Untersuchungen konnte eine fäulnishemmende, gallentreibende Wirkung des Knoblauchs nachgewiesen werden. Mithilfe von Knoblauch können Cholesterinspiegel und Blutdruck gesenkt werden.In der chinesischen Medizin umfasst die Indikationsliste allem voran den Befall des Magen-Darm-Bereichs durch Parasiten, insbesondere durch Würmer. Aber auch bei entzündlichen Prozessen oder Erkrankungen wie der Amöbenruhr zeigt Knoblauch eine hilfreiche Wirkung, sowohl oral als auch über die Anwendung von Klistieren. Äusserliche Entzündungen, Ulzera der Haut sprechen positiv auf eine lokale Anwendung der zerriebenen Knoblauchzehe an. Bei allen Insektenstichen oder Bissen bewährt sich eine Auflage oder Umschlag mit einer zerdrückten Zehe.