Dezember 2022 Beifuss

BEIFUSS

Artemisia vulgaris

Sucht man in einem botanischen Inhaltsverzeichnis das Wort „Artemisia“, dann sieht man, dass es in dieser Familie einige Heil- und Gewürzpflanzen gibt, die diesen Namen tragen und deren Wirksamkeit und Heilkraft gefragt sind. Neben dem Gemeinen Beifuß (A. vulgaris) hat sein „großer Bruder“ der Wermut (A. absinthium) die führende Rolle als Heilpflanze übernommen; große Bedeutung hat der Einjährige Beifuß (A. annua) vor allem in der traditionellen chinesischen Medizin, aber auch der Zitwer (A. cina) kam in der Volksmedizin zur Anwendung und die Eberraute (A. abrotanum) hat heute vorwiegend in der Homöopathie ihr Einsatzgebiet. Bleibt noch der Estragon (A.dracunculus), der weltweit als Gewürzpflanze kultiviert wird.

Der Gemeine Beifuß trägt im Volksmund auch noch einige andere Namen. So nannte man ihn Wilder Wermut, Johannesgürtel-, Weiber-, Jungfern-, Sonnwend-, Fliegen- oder Besenkraut. Warum die Pflanze den lateinischen Namen Artemisia bekam, ist nicht sicher zu beurteilen; auch bei der deutschen Bezeichnung Beifuß gibt es nur Vermutungen: z.B., dass nach einem alten Aberglauben die Pflanze vor der Ermüdung der Beine schützt, wenn man sie am Fuß anbindet.

ANWENDUNG IN DER HAUSAPOTHEKE

In der Volksmedizin war und ist der Beifuß eine gern verwendete Heilpflanze, da sie in ausreichender Menge in der Natur zu finden ist und in einigen Indikationen zur Anwendung kommen kann.

Teezubereitungen mit Beifuß werden in der Volksmedizin als bitter-aromatisches Mittel bei Appetitlosigkeit, Blähungen und Völlegefühl verwendet, oder auch bei Zuständen, bei denen durch zu gering vorhandene Magensäure eine reibungslose Verdauungskette gestört ist. Zusätzlich unterstützt die verbesserte Gallensekretion eine optimale Verwertung der aufgenommenen Nahrung.

In der Volksmedizin schreibt man dem Beifuß auch günstige Eigenschaften bei der Behandlung von Krämpfen, Koliken, Menstruationsbeschwerden zu.

TEEBEREITUNG

Ein gehäufter Teelöffel wird mit 150 ml kochendem Wasser übergossen, man lässt 5 Minuten ziehen und seiht dann ab.

Als appetitanregender Tee werden 2-3 x täglich eine Tasse 20 Min vor dem Essen getrunken; als verdauungsfördernder Tee wird der Tee am Ende des Essens eingenommen.

ANWENDUNG IN DER KÜCHE

Den Beifuß findet man immer wieder auch als sinnvolles Gewürz bei fetten Speisen zur Verbesserung der Verdauung. Der bitter aromatische Geschmack passt durchaus zum fetten Schweinebraten oder zur Martinigans.

Günstig kann sich auch die Einnahme eines Beifuß-Aperitifs auf die Verdauungskräfte und den Appetit auswirken. Dabei wird Beifuß mit Melisse und Pfefferminze in Weißwein über 24 Stunden angesetzt, danach wird abgeseiht; eventuell kann man mit etwas Honig den Aperitif süßen.

Nebenwirkungen

Bei der Einnahme in therapeutischen Dosen sollte es zu keinen Nebenwirkungen kommen. Im Einzelfall ist eine Kontaktdermatitis beschrieben worden; in den Pollen sind Substanzen mit allergenem Potenzial.

ZUSAMMENFASSUNG

Der Beifuß ist eine Heilpflanze, die in der Volksmedizin gut verankert ist. Da sie schwächer als der „große Bruder“ Wermut wirkt, wird dieser in der Schulmedizin angewandt. Der Beifuß ist auf den nördlichen Kontinenten sehr häufig an trockenen, aber auch an feuchten Standorten zu finden. Die Bitterstoffe und das ätherische Öl machen ihn zu einer Heilpflanze, die zur Verbesserung des Appetits und der Verdauung beitragen. Man nützt ihn aber auch bei Krämpfen und Menstruationsbeschwerden.

Mai 2022 Gelber Enzian

GELBER ENZIAN

Gentiana lutea L. und Unterarten

Obwohl die prächtigen, dunkelblauen Enzian-Arten (Alpen-Enzian, Clusius‘ Enzian oder Kochscher Enzian) in den Alpen für viele Pflanzenfreunde der Inbegriff des Enzians sind und auf Schnäpsen und Lebensmitteln abgebildet werden, ist der Gelbe Enzian die Leitpflanze in der Verwendung der Enzianarten als Heilpflanze. Neben dem Gelben Enzian finden wir noch fast 40 Enzianarten in den Alpen, weltweit sind es rund 400 Arten.

Die Enzianarten mit ihren Bitterstoffen waren nicht nur in Arzneien beliebt; sie sind und waren auch Bestandteil verschiedener Kräuterliköre und Schnäpse, die vor oder nach dem Essen – als Aperitif oder als Digestiv – gereicht werden. Daher kam es auch zu einer Gefährdung verschiedener Enzianarten; mit dem Gelben Enzian waren der Getüpfelte Enzian, der Purpur-Enzian, der Pannonische oder Ostalpen-Enzian und der Schwalbenwurz-Enzian in den Arzneibüchern. Der hohe Bedarf machte es notwendig, diese Pflanzen unter Schutz zu stellen. Seitdem es aber gelungen ist, den Gelben Enzian im Feldanbau zu kultivieren und die „Ernte“ in der Natur zu reglementieren, ist es zur Erholung der natürlichen Bestände in den Alpen und den anderen Standorten in Europa gekommen.

MEDIZINISCHE ANWENDUNG

In drei Bereichen haben sich Extrakte aus Enzianwurzeln gut bewährt. Zunächst wirken die Bitterstoffe in passender Konzentration gut bei Appetitlosigkeit. Daher findet man die Enzianwurzel auch in verschiedenen flüssigen Stärkungsmitteln. Weiters eignen sich Extrakte zur Behandlung von dyspeptischen Beschwerden wie Völlegefühl, Blähungen, Übelkeit oder Druck und Schmerzen im Oberbauch. Darüber hinaus sind Enzianwurzelextrakte in einem kombinierten Arzneimittel mit Eisenkraut, Schlüsselblume, Holunder und Sauerampfer zur Verbesserung der Sekretolyse und zum Verdünnen von zähem Schleim bei Infektionen im Nasen-, Nebenhöhlen- und Rachenraum.

ENZIANSCHNAPS

Das Brennen von Enzianschnäpsen war ursprünglich ein Privileg der Klöster. Seit einigen Jahrhunderten wird Enzianschnaps von Betrieben mit Brenngenehmigung erzeugt. Der hohe Bedarf an Wurzeln kann nicht durch Wildsammlung allein abgedeckt werden, daher hat der feldmäßige Anbau zu einer Erholung der Vorkommen in der Natur geführt. Die doppelt gebrannten Schnäpse schmecken kaum bitter.

Der Bedarf an Enzianwurzeln zur Herstellung von Arzneimitteln und Schnäpsen beträgt 6000 t frische Wurzeln pro Jahr.

TEE-HERSTELLUNG:

2 – 4 g der getrockneten Enzianwurzel werden mit kochendem Wasser übergossen, man lässt 5 Minuten ziehen, seiht ab und trinkt den Tee mäßig warm.

Der Tee kann auch als Kaltauszug (Mazerat) hergestellt werden; dafür wird obige Menge mit kaltem Wasser übergossen, man lässt 8 – 10 Stunden ziehen, erwärmt kurz und seiht ab.

Zur Appetitanregung wird der Tee eine halbe Stunde vor dem Essen getrunken, zur Verbesserung der Verdauung nach dem Essen.

ZUSAMMENFASSUNG

Der Gelbe Enzian gehört zu den in der Natur geschützten Pflanzen. Er wird auch feldmäßig angebaut.

Extrakte aus den Wurzeln werden bei Appetitlosigkeit, dyspeptischen Beschwerden und in pflanzlichen und homöopathischen Arzneimitteln zur Behandlung von Erkältungskrankheiten und deren Symptomen verwendet.

Das Amarogentin ist der intensivste Bitterstoff mit einem Bitterwert von 58 Millionen.

Neben der arzneilichen Anwendung ist der Enzianschnaps ein seit vielen Jahrhunderten beliebtes Produkt aus dem Gelben Enzian.

März 2022 Kalmus

KALMUS

Acorus calamus L.

Wegen seines aromatischen Duftes hat der Kalmus Namen wie Gewürzkalmus, Deutscher Zitwer oder Deutscher Ingwer erhalten; eine der volkstümlichen Bezeichnungen in Niederbayern war „Schmeckats“ für das „wohlriechende Rohr“ der aromatischen Rhizome.

Auch in Österreich gibt es feuchte Gebiete als Standorte mit großen Mengen an Kalmus. Er wächst in den feuchten Randzonen zu Seen bis hinein ins flache Wasser. Man kann den Kalmus auf der gesamten nördlichen Halbkugel in gemäßigten Zonen finden.

Im Wesentlichen unterscheidet man heute den Kalmus nach dem Verbreitungsgebiet oder nach dem Ploidiegrad. Die drei Gruppen sind diploid, triploid und tetraploid.

Erstere ist die in Amerika heimische Gruppe, die frei von ß–Asaron (=cis–Isoasaron) ist. Die sterile triploide Form Europas hat einen geringeren Anteil an ß–Asaron im ätherischen Öl als die tetraploide Gruppe im asiatischen Raum (vorwiegend Indien) mit bis zu über 80 % Anteil an ß–Asaron im ätherischen Öl.

ANWENDUNG IN DER HAUSAPOTHEKE

Der hohe Gehalt an ätherischem Öl (zwischen 2 und 9 %) bestimmt die Wirkung und Anwendung des Kalmuswurzelstocks. Er wird als aromatisches Bittermittel (Amarum aromaticum) eingestuft und bei Magen–Darmproblemen mit gutem Erfolg verwendet. Als Anwendungsgebiete gelten Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden und Blähungen. In Kombination mit anderen Drogen finden wir den Kalmus in Teemischungen gegen Magen-, Leber- und Gallenbeschwerden.

In der Volksmedizin verschiedener Länder Asiens und Europas wird und wurde der Kalmus bei verschiedensten Erkrankungen angewendet, wie etwa als Heilmittel bei Erkältungskrankheiten wie Husten und Schnupfen, bei Kopf- und Zahnschmerzen, Zahnfleischentzündungen, bei rheumatischen Schmerzen, Arthritis und Darmentzündungen; auch zur Entwöhnung des Rauchens und gegen Zahnungsbeschwerden bei Kleinkindern wurde Kalmus versucht.

Äußerliche Anwendung finden Kalmusextrakte als Zusatz zu hautreizenden und durchblutungsfördernden Bädern und als Einreibungen.

Teezubereitung :

1 bis 1,5 Gramm werden mit 150 ml kochendem Wasser übergossen; man lässt 5 Minuten ziehen, seiht ab und trinkt den Tee mäßig warm zu den Mahlzeiten.

Man kann den Tee auch zubereiten, indem man kaltes Wasser über die Droge gießt, bis zum Aufwallen erhitzt und nach kurzem Ziehen abseiht.

ANWENDUNG IN DER AYURVEDA–MEDIZIN

In Indien und auf Sri Lanka ist der Kalmus als Heilpflanze außerordentlich angesehen. Seine Verwendung in der Ayurveda–Medizin erstreckt sich auf mehrere Anwendungsgebiete.

• Er gilt als „hirntonisch“, als durchblutungsfördernd im Gehirn und wird auch bei Tinnitus verwendet.

• Er hilft bei verschiedenen Verdauungsproblemen wie Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden.

• Er wird bei Fieber (z.B. bei Malaria tertiana) eingesetzt – ist also antipyretisch; er ist aber auch erhitzend und erhöht so das Dosha Pitta

• Er wirkt antiallergisch.

• Er ist bittertonisch und wirkt fettreduzierend und ist damit ein Mittel bei Adipositas (Übergewicht), da er das Dosha Kapha reduziert.

Risiken und Gegenanzeigen

Für cis–Isoasaron sind mutagene, chromosomenschädigende und kanzerogene Effekte beschrieben.

Obwohl das ätherische Öl amerikanischer Kalmuspflanzen kein cis–Isoasaron enthält, ist in den USA und Kanada der Kalmus auf der Liste der verbotenen Heilpflanzen.

Auf Grund der erbgutschädigenden Wirkungen, die für cis–Isoasaron nachgewiesen wurden, sollen Kalmuszubereitungen Kindern und Schwangeren nicht gegeben werden.

Obwohl die europäische Droge ß–Asaron nur in geringen Mengen enthält, ist die Droge doch mit Vorsicht und nicht über lange Zeit anzuwenden.

Februar 2022 Bitterklee

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BITTERKLEE ODER FIEBERKLEE

Menyanthes trifoliata

Der Fieberklee oder Bitterklee ist eine sehr schöne Heilpflanze, die man an sehr feuchten Standorten finden kann. Er ist in der Natur selten anzutreffen, ist aber dann meist in größeren Mengen vorhanden. Wegen seines relativ seltenen Vorkommens zählt er zu den geschützten heimischen Pflanzen. Der Bitterklee oder Fieberklee gehört nun zu den Fieberkleegewächsen; früher war er in der Familie der Enziangewächse eingereiht.

Bei Wanderungen im Frühling sind die auffallend schönen Blüten für den Pflanzenkundigen schon aus einiger Entfernung zu erkennen.

MEDIZINISCHE VERWENDUNG

Medizinisch anerkannt ist die Wirkung auf den Verdauungstrakt. So ist es sinnvoll, flüssige Zubereitungen – Tee oder Fluidextrakte – bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden zu geben. Dazu zählen Völlegefühl, leichte Blähungen und andere Symptome, die auch durch einen zu geringen Anteil an Magensaft verursacht werden.

Die Verwendung als Tee bei Erkrankungen mit Fieber wird von der Schulmedizin nicht anerkannt, da keine Wirkstoffe im Bitterklee sind, die auf eine fiebersenkende Wirkung schließen lassen.

TEEZUBEREITUNG

1 Teelöffel getrocknete Bitterkleeblätter werden mit ¼ Liter kaltem Wasser angesetzt, man erhitzt zum Sieden und kocht rund eine Minute; danach wird abgeseiht und der Tee mäßig warm und ungesüßt getrunken. Man kann den Tee auch über mehrere Stunden kalt ansetzen und ihn dann nur leicht erwärmt trinken; damit ist der Gehalt an Gerbstoffen reduziert.

Cave! Bei Magen- und Darmgeschwüren soll der Bitterkleetee nicht angewendet werden.

HOMÖOPATHIE UND HAUSAPOTHEKE

Menyanthes trifoliata ist auch in der Homöopathie ein Arzneimittel, das bei Nervenschmerzen, Kopfschmerzen oder zur Stärkung der Magenfunktion gegeben wird. Meist wird die Potenz D3 verwendet.

In der Volksmedizin wurde der Bitterklee häufig auch bei fieberhaften Infekten gegeben. Es hat sich aber gezeigt, dass die Pflanze keine fiebersenkenden Eigenschaften besitzt; dennoch ist es durchaus sinnvoll, Fieberklee bei Erkrankungen mit Fieber zu geben, da der appetitanregende und stärkende Effekt für den geschwächten Patienten genützt werden kann.

Als Fieber senkende Bestandteile kommen in diesen Teemischungen bei fieberhaften Erkältungskrankheiten (Weidenrinde oder Mädesüßblüten) zur Anwendung.

ZUSAMMENFASSUNG

Durch die Attraktivität seiner Blüten zählt der Bitter- oder Fieberklee zu den Heilpflanzen mit einer besonders schönen Blüte. Man sollte sich aber bewusst sein, dass es sich um eine geschützte Pflanze in einem sensiblen Vegetationsbereich handelt.

Dank der Bitterstoffe ist der Bitterklee ein gutes Mittel für den Verdauungstrakt, das zur Appetitsteigerung und bei dyspeptischen Beschwerden (Völlegefühl, leichte Blähungen ua.) anerkannt ist.

Die Anwendung als Fiebermittel ist nicht gerechtfertigt, obgleich es sinnvoll sein kann, die tonisierenden Eigenschaften bei fieberhaften Infekten zu nützen.