Juni 2024 Die Nieren – Organbeschreibungen der etwas anderen Art

In diesem Jahr möchte ich sie mit den schillernden Persönlichkeiten in unserem Leben vertraut machen. Die herrlichen Beschreibungen stammen von Peter Levin (Soziologe, Religionswissenschaftler und Osteopath) aus seinem Buch „Deine Organe Dein Leben“

Die Nieren

Scheu und in Wärme gehüllt

Die Nieren sind zu zweit. Da wir zwei Nieren in uns tragen können wir eine spenden. Sie sind neben den Lungen das wichtigste Organpaar. Die rechte und die linke Niere ähneln sich so sehr, dass sie als eineiige Zwillinge gelten können. Die Nieren scheuen das grelle Licht der Öffentlichkeit.Sie haben ihr Nierenlager hinter den Bauchorganen aufgeschlagen. Da liegen sie gut geschützt und versteckt. Vor allem anderen mögen es die Nieren, an einem warmen und stabilen Ort zu leben. Falls sie sich verkühlen, hilft ihnen aufsteigende Wärme eines warmen Fußbades oder eine flauschige Sofadecke. 

Eine Niere trägt zuweilen mehrere Mäntel und Schichten. Aufsteigende Wärme aus den Beinen und dem Becken tragen zum Wohl der Nieren bei. Sie meiden instinktiv kalte Ecken und zugige Flächen. Jede und jeder Motorradfahrende weiß, wie empfindsam Nieren auf zugige Kälte reagieren.

Zurückhaltend und konservativ

In der Organfamilie sind die Nieren verläßlich konservativ. Zuweilen sind sie so konservierend, dass sie auch Bestandteilen des Urins Steine bilden. Diese können dann in einer Nierenkolik abgehen. Nierenkoliken und Nierenbeckenentzündungen sind mit starken Rückenschmerzen verbunden. Mancher Verdacht auf einen Bandscheibenschmerz erweist sich als Nierenschmerz. Nierenschmerzen gehören zu den schlimmsten überhaupt.Sie lassen keine Ruhe und Gewöhnung zu. Neben den Lungen sind die Nieren die wichtigsten Ausscheidungsorgane. Ausscheiden bedeutet Abfallstoffe und Gifte, die im Körper weder verwendet noch weiter recycelt werden können, an die Umwelt abzugeben. Während die Lungen nur Kohlendioxyd abgeben, scheiden die Nieren aufgenommene Gifte sowie Stoffwechselendprodukte aus. Schafft es die Niere nicht mehr, ihre Ausscheidungsfunktion ausreichend auszuführen, sammeln sich die Gifte im Gewebe an. Es kommt zur Übersäuerung mit Schmerzen in den Gelenken und den Muskeln. Zum Glück ist eine solche Niereninsuffizienz sehr selten und erst bei starker Nierenschädigung symptomatisch.

Nierenförmig

Die Form der Niere ist ebenso ikonisch geworden wie die des Herzens. Nur Herz und Niere haben den Sprung zur globalen Organform geschafft. Nierenförmig waren modische Tische in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts (Nierentische) und sind heute die zum Verzehr bestimmte Bohnenform geworden (Sidney Jeans). Dass die Niere diese eindrückliche und vor allem stabile Form aufweist, liegt an ihrer inneren Organisation und an ihrer straffen Kapsel. Im Gegensatz zum den Blutschwämmen Leber und Milz ist die Niere kompakt mit straffen Röhrensystemen aus Arbeiten, Venen und Sammelrohren durchbaut. 

Nierenfröhlichkeit und Nierenmüdigkeit

Die Nieren sorgen dafür, dass wir aufrecht und in Freude und Fröhlichkeit durchs Leben kommen. Wer auf Herz und Nieren geprüft wurde, weiß wie es um ihn steht. Über die Hormone sorgen die Nieren für Wachstum und gute Stimmung. Nierenhormone sorgen dafür, dass genügend Blut gebildet wird und dieses großzügig und mit ausreichend Druck in der Organfamilie verteilt wird. Während unser Herz das Blut in Wallung und Bewegung hält, reinigen und beleben die Nieren dieses. Sie geben dem Blut den Esprit und den Knochen die Stärke. Werden sie müder werden wir schwermütig und kraftlos.

Zerrüttung im Nierenlager

Nieren können nicht allzu viel Umtrieb aushalten. Umzüge sind den Nieren ebenso suspekt wie das Gerüttelt und Geschüttet auf dem Fahrrad, Jahrmarkt oder Trampolin. Sie machen nur mit, wenn sich sich selbst dabei warm und stabil halten können. So empfiehlt sich der Nierenschutz nicht nur beim Motorradfahren, sondern auch in den forcierten Bewegungen des Alltags. Auch diese können zu Zerrüttungen der Nieren führen. Dann neigen diese zu Entzündungen und werden zuweilen extrem druckempfindlich und schmerzhaft. Nierenschmerz ist gemein, denn er kennt oft keine Position, in der der Schmerz nachlässt. 

Dünndarm-Kissen und Nieren-Durchfall

Von vorne gesehen werden die Nieren von ihrem besten Freud, dem Dünndarm, gestützt und gewärmt. Der Dünndarm wirkt als aufrecht stehendes Kissen; bei Müdigkeit können die Nieren sich anlehnen, bei Erschöpfung sich reinlegen. Müde und hypermobile Nieren geniessen die Stabilität des Dünndarms. Legt sich der Dünndarm aber ins Zeig für seine Nierenfreunde. Kann seine solidarische Hyperaktivität zu einem nieren-untypischen Symptom führen: Durchfall. Durchfall ist ein typisches Symptom der Hyperaktiven Muskulatur und Schleimhaut des Dünndarms. Diese Hyperaktivität muss nicht immer durch unverträgliche Speisen oder Entzündungen verursacht sein. Sie kann auch dadurch entstehen, dass der Dünndarm sich extra Mühe macht, um den Nieren zu helfen. Wie in der menschlichen Gemeinschaft ist soldarisches Handeln anstrengend. Die Niere hat die Not, der Dünndarm hilft und hat das Symptom. Der hilfreiche Dünndarm scheint dann mehr oder hörbarer zu leiden als die müden Nieren.

Flüssig und stabil

Äusserlich stabil und in Form bewegt die Niere große Mengen an Flüssigkeit und Stoffen. Um die 1500 Liter Blut fliessen am Tag durch sie hindurch; daraus produziert sie im ersten Schritt ca. 150 Liter Primärharn und bewegt ca. 1,5 kg Salze und Zucker hin und her. Am Ende werden um die 1,5 Liter Urin über die Blase abgegeben; Menge und Zusammensetzung variieren je nach Trink- und Essverhalten. Die Nieren leisten große Arbeit am Blut. Dazu brauchen sie Ruhe und Gelassenheit. Die Niere wird durch ihre Kapsel in ihrer Form und durch ihre kurze straffe Nierenarterie fest in ihrer Position gegenüber der Aorta stabilisiert. Die Kraft der Arterien macht die charakteristischen Niereneigenheiten aus: Formstabilität, Dichte des Gewebes, Aufrichtung, starke Druckschwankung bei geringer Volumenschwankung.

Wer reguliert den Ausnahmezustand?

Nur im Schock, bei Blutverlust oder Blutdruckabfall werden die Nieren benachteiligt. Sie arbeiten weiter im Sinne der Gemeinschaft, werden aber selbst von der Gemeinschaft vernachlässigt. Verlieren wir Blut, sinkt der Blutdruck auf bedrohlichen Weise ab. Die Nieren tragen dazu bei, dass die Durchblutung der lebenswichtigen Organe gewährleistet wird. Im Schock haben Herz und Gehirn höchste Priorität. Obwohl die Nieren dazu beitragen, den Ausnahmezustand zu überleben, bekommen sie selbst weniger Blut ab. Da das Nierengewebe aber empfindlich auf Sauerstoffunterversorgung reagiert, leiden die Nieren überproportional. Ihr Einsatz für das Gemeinwohl wird in der Krise nicht ausreichend vom Gesamtorganismus gewürdigt.

Wertstoffe im süßen Urin

Der Körper gibt ungern ab, was er mit viel Raffinesse gebaut hat. Blutzellen zbd Eiweiße werden ständig unter großem Aufwand in der Leber und im Knochenmark produziert. Der Körper braucht in großer Menge verbrennbare Kohlenhydrate zur Energiegewinnung. Deshalb gelangen Blutzellen, Eiweiße, Enzyme und wichtige Ionen normalerweise erst gar nicht in den Harn.

Zucker und wichtige Ionen wie Kalium und Natrium werden abgepresst und wieder zurückgewonnen. Der Harn der Zuckerkranken(süßer Fluss = Diabetes mellitus) riecht und schmeckt süßlich, was aber nicht den Nieren anzulasten. Ist. Der Überschuss an Zucker im Blut führt dazu, dass vermehrt Zucker in den Harn gelangt.

Abfall wird abgegeben

Die Niere reinigt das Blut von nicht wiederverwertbaren Abfallprodukten des Stoffwechsels. Das bei der Verarbeitung von Eiweißen und Fetten entstehende (giftige) Ammoniak wird in Harnstoff verwandelt und von den Nieren ausgeschieden. Auch die beim normalen Absterben von Zellen entstehende Harnsäure belastet in größeren Mengen den Organismus und muss dem Blut entnommen werden. Während die Lunge das Blut reinigt, indem es Kohlendioxid ausatmet, reinigt die Niere das Blut, indem es überschüssigen Harnstoff und Harnsäure, aber auch aufgenommene Umweltgifte abgibt.