Im Monat Dezember werde ich das Naturheilverfahren Darmsanierung beschreiben.
Darmsanierung – Humbug oder wertvoll für die Gesundheit?
Der Begriff Darmsanierung ist in gewisser Weise ein etwas „strapazierter“ Begriff in der Naturheilkunde und in der Alternativmedizin geworden. In der Medizin bezeichnet man die Darmsanierung auch als Symbioselenkung.
Ein gesunder Darm und eine Darmsanierung spielen eine ganz besondere Rolle für die Gesundheit.
Der Darm ist von der Veränderung bestimmter Eiweiße besonders betroffen, weil bei ihm die höchsten Zuckerkonzentrationen vorkommen:
Zum einen wird die Passage des Darminhalts immer schwerer, wodurch Verdauungsstörungen entstehen können.
Zum anderen werden die Darmzotten an ihrer Aufgabe gehindert, die dem Nahrungsbrei entzogenen Nährstoffe aufzunehmen. Deshalb spielt die gezielte Darmreinigung und auch Darmsanierung beim Fasten ja auch eine so große Rolle.
Durch Ernährungsfehler und mentales „Aus-dem-Gleichgewicht-Sein” wird der Darm entscheidend behindert seine lebenswichtigen Funktionen auszuüben. Anstelle der Entwässerung und Restresorption des Nahrungsbreies ist er damit beschäftigt Abfall zu beseitigen.
Den Hilfeschrei des überlasteten Organs nehmen wir meist nicht mehr so direkt wahr. Wenn dann Krankheit als Ergebnis langdauernder Vernachlässigung des Verdauungssystems unser Leben beeinträchtigt, konzentrieren wir uns auf die Beseitigung der Symptome, anstatt die Ursachen zu korrigieren.
Und so sind die meisten Darmkrankheiten Symptome und das Ergebnis dessen, was wir über Jahrzehnte „verdaut“ haben: Reizdarmsyndrom, Verstopfung, Blähungen, Darmträgheit, Hämorriden, Darmentzündung und letztlich auch Darmkrebs.
Ein gesunder leerer Darm wiegt knapp 2 kg. Bei Obduktionen wurden Dickdärme gefunden, die über 20 kg wogen.
Die “Verschlackung” in den vielen Vertiefungen und Taschen sind idealer Nährboden für Keime, Pilze, Würmer und sonstige Parasiten, die das Blut und die Lymphe belasten und dadurch das gesamte System erkranken lassen; eine chronische Unterwanderung der Gesundheit und Vitalität, die uns unterdessen fast normal und unvermeidbar erscheint.
In der Zusammensetzung der normalen Stuhlflora (Darmbakterien), finden sich vor allem die Bifidusbakterien und Bakteroidesgruppen. Danach kommen erst die anderen Keimgruppen wie: Lactobazillen, Enterokokken, Escherichia Coli u.a.
Vermutlich tummeln sich in unserem Verdauungstrakt mehr als 1.000 verschiedene Bakterienarten. Insgesamt siedeln so viele Bakterien in unserem Darmsystem, dass deren Anzahl die unserer eigenen Körperzellen um ein Vielfaches übersteigt. Ging man lange Zeit davon aus, dass vor allem die genetische Veranlagung für den Ausbruch zahlreicher Erkrankungen maßgeblich sei, weiß man heute, dass die Darmgesundheit von vielen anderen Faktoren abhängt.
So ist für eine optimale Gesundheit unter anderem das Gleichgewicht der Darmflora entscheidend. Zu einer Veränderung dieser Flora kommt es im Wesentlichen aus vier Gründen:
- Abführmittel
Abführmittel verdrängen bei längerem Gebrauch die Lactobazillen und die Bifidusbakterien. Doch gerade diese beiden Bakterienstämme tragen durch ihrer „Säuerungsaktivität“ zu einer verbesserten Darmmotilität (Bewegung) bei. Die Verringerung dieser Bakterienstämme zwingt zwangsläufig zu immer höheren Dosen an Abführmitteln: ein Teufelskreis.
- Der chronische Durchfall oder „Schmierstuhl“
Vielen Patienten ist gar nicht bewusst, dass dies ein Problem sein könnte. Wenn Sie sich jedoch mehr als zweimal abputzen müssen, ist ihr Stuhlgang zu weich und nicht optimal geformt. Ich meine nicht, wenn dies hin- und wieder einmal vorkommt, sondern wenn dies fast immer der Fall ist. Ich kenne Patienten, die benötigen pro Stuhlgang eine Viertel Rolle Toilettenpapier. In diesem Fall kann man fast schon sicher sein, dass hier eine starke Dysbiose im Darm vorliegt.
- Antibiotika
Antibiotika werden immer noch zu häufig und viel zu schnell verordnet. Nicht nur dass wir uns damit die Resistenzen der Bakterien selbst heranzüchten (was viele Krankenhausärzte bereits fürchten), sondern Antibiotika tun vor allem eines: Bakterien töten. Und das tun auch oral (über den Mund) geschluckte Antibiotika: je nach Präparat mehr oder weniger.
- Falsche Ernährung
Die Ernährung ist das Hauptproblem: falsche Zusammenstellung der Mahlzeiten, mangelhaftes Kauen, mehr Essen als verdaut werden kann, zu spätes Essen und natürlich zu viel Zucker. Gerade mit dem Zucker „füttern“ wir die Bakterienstämme und Pilze, die keine Helfer für uns sind, sondern Schmarotzer. Diese scheiden zu dem noch Stoffwechselprodukte aus, die den Darm zusätzlich lähmen und auch in die Blutbahn übertreten können. Bei starker Vermehrung können diese Bakterien auch in den unteren Dünndarm wandern und dort Prozesse einleiten, die im Dünndarm absolut nicht erwünscht sind. Auch verwerten die Bakterien unserer Darmflora schwer verdauliche Zucker unterschiedlich gut. Einige Mikroorganismen zerlegen die Kohlenhydrate in Einzelbestandteile, die wir dann aufnehmen können, statt sie einfach unverdaut wieder auszuscheiden. In Ländern, in denen das Nahrungsangebot knapp ist, sind diese Darmbakterien hilfreich und sinnvoll. Sind bei einem gleichzeitigen Überangebot an Kohlenhydraten hingegen vornehmlich solche Bakterien im Darm vorhanden, so kommt es leicht zur Fettleibigkeit.
Mikrobiologische Mechanismen und Konsequenzen einer Darmsanierung
Zentraler Bestandteil einer Darmsanierung ist der Neuaufbau bzw. die Normalisierung der Darmflora. Es ist selbstverständlich, dass, bevor dieser Neuaufbau in Angriff genommen wird, über andere Maßnahmen günstige Bedingungen für diese Aufgabe geschaffen werden müssen.
Denn es nutzt nichts, die Darmflora neu aufforsten zu wollen, ohne den entsprechenden „fruchtbaren Boden“ dafür bereitzustellen. Dieser „fruchtbare Boden“ bzw. günstigen Bedingungen werden über eine entsprechende Ernährungsmodifikation, Darmreinigung usw. hergestellt, um sicher zu gehen, dass die Noxen, die für die entgleiste Darmflora verantwortlich sind, ausgeschaltet sind.
Eine Aufforstung mit nützlichen Bakterien sieht zu Beginn recht einfach aus: Man nehme nützliche Bakterienstämme in Form von Probiotika-Kulturen, unterstütze das Ganze noch mit der Einnahme von Präbiotika, also im Wesentlichen Ballaststoffen, und schon ist die neue Kultur gepflanzt und kann sich munter fortpflanzen. Allerdings steckt der Teufel auch hier im Detail bzw. der Praxis. Probiotika-Kulturen haben eine enorme Anzahl an bioaktiven Mikroorganismen.
Der Darm dagegen hat eine Population, die milliardenfach höher liegt (bis zu 1015 = 100.000.000.000.000 Bakterien). Probiotika dagegen nehmen sich wie der Tropfen auf dem heißen Stein aus. Daran ändert auch eine wiederholte Einnahme dieser Präparate nichts. Wenn dann nämlich die Einnahme der Probiotika unterbrochen wird, dann dauert es auch nicht sehr lange und man kann keine dieser Kulturen mehr im Darm nachweisen. So wie es aussieht, lässt die unglaublich hohe Zahl der vor Ort ansässigen Darmbakterien eine Ansiedlung von „Neuankömmlingen“ nicht zu. Das ist gut und schlecht: schlecht für unseren Zweck, eine neue Flora aufzubauen, aber gut, da dieses Biosystem so stabil zu sein scheint, dass es nicht so ohne weiteres von externen Einflüssen umgeworfen werden kann. Auf dieser Stabilität beruht nicht zuletzt auch unsere Darmgesundheit.
An dieser Stelle stellt sich die Frage, wenn ich über meine Probiotika nicht das erreichen kann, was ich will, nämlich die Einflussnahme in Richtung neue Darmflora, macht dann eine Therapie mit Probiotika überhaupt noch Sinn?
Oder: wenn Darmsanierung ein erfolgreiches therapeutisches Konzept ist, was passiert denn dann im Darm unter dem (spärlichen) Einfluss der Probiotika auf die Ausbildung einer neuen Flora? Gibt es überhaupt einen gesundheitlichen Nutzen?
Es gibt einen Effekt, der aber überraschenderweise in einem vollkommen anderen „Fachgebiet“ zu suchen ist, der Immunologie. Denn die Darmsanierung hat einen ausgesprochen positiven Effekt auf die immunologischen Vorgänge im Darm. Diese Vorgänge zeigten sich in Studien als so differenziert, dass man nicht nur von einer einfachen „Stärkung des Immunsystems“ sprechen konnte, sondern von einer „immunmodulierenden“ Wirksamkeit.
Immunmodulation bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass hier das Immunsystem gestärkt wird, wenn es schwächelt und gebremst wird, wenn es überschießt, wie bei Allergien z.B. Das heißt letztendlich, dass es einen Mechanismus geben muss, der erkennt und entscheidet, was mit dem Immunsystem geschehen soll. Denn eine Immunstärkung bei einem überschießenden Immunsystem macht keinen Sinn bzw. ist potentiell gefährlich für den Betroffenen, der dadurch in ein anaphylaktisches Ereignis geraten könnte.
Die immunologische Trickkiste der Darmsanierung
70 Prozent und mehr der Immunzellen sind im Darm lokalisiert. Der Darm stellt noch vor der Haut die größte Grenzfläche des Körpers zur Außenwelt dar, obwohl er im Körper liegt. Somit ist der Darm als ein immunologischer Dreh- und Angelpunkt ein optimaler Ansatzpunkt für immunmodulatorische Maßnahmen. Und dies erfolgt gleich auf verschiedenen Ebenen.
Unspezifische Immunreaktion
Das unspezifische Immunsystem des Darms liegt überwiegend im Dünndarmbereich und dort in den Peyer-Plaques. Dies sind Zusammenschlüsse von Lymphfollikeln und Teil des GALT (gut associated lymphoid tissue) oder Darm-assoziiertes lymphatisches Gewebe. Diese Follikel bestehen aus einer Ansammlung von Zellen des erworbenen Immunsystems, die für die Abwehr von Infektionen und die Verbreitung von immunologischen Informationen zuständig sind.
Ein weiterer Bestandteil dieses unspezifischen Immunsystems sind Epithelzellen, die M-Zellen (Microfold-Zellen), die ebenfalls im Dünndarm (vor allem im Ileum), aber auch in den Tonsillen vorkommen. Sie stehen im engen Kontakt zu den Peyer-Plaques, funktionell als auch örtlich. Diese M-Zellen nehmen einen Teil der durch den Darm passierenden Fremdstoffe auf und präsentieren „ihren Fund“ immunkompetenten Zellen. Wie schon angedeutet, leisten die Peyer-Plaques bei der Verbreitung der immunrelevanten Informationen entscheidende Hilfe.
Auf diese Weise erfährt das Immunsystem durch die in der Nahrung usw. enthaltenen Stoffe ein tägliches Training in Sachen Aufbau und Neujustierung der eigenen Abwehrlage. Jede Mahlzeit ist somit nicht nur eine Sicherstellung von Energien für den Organismus, sondern gleichzeitig ein Trainingsprogramm für das Immunsystem.
Wie weitreichend die Darmflora unser Immunsystem beeinflusst, zeigt sich sehr deutlich nach Impfungen. Während bei dem einen nach einer Grippe-Impfung der Körper gegen die gefährlichen Keime gewappnet ist, ist bei dem anderen überhaupt keine Schutzwirkung festzustellen. Wissenschaftler konnten nun an Mäusemodellen zeigen, dass dies entscheidend von der Darmflora abhängt. Wachsen die Tiere nämlich in einer keimfreien Umgebung auf oder wurde durch Antibiotikagabe ihre gut ausgebildete Darmflora stark dezimiert, so bildet ihr Immunsystem viel weniger Antikörper gegen die Grippe-Erreger als bei Nagern mit gesunder Darmflora. Dieses Phänomen lässt sich, laut der Wissenschaftler, durch die fehlende Stimulierung der Immunantwort begründen (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25220212).
Anhand von menschlichen Stuhlproben lässt sich für unterschiedliche Immunisierungen beweisen, dass die bakterielle Besiedelung des Verdauungstraktes die Wirksamkeit der Impfung stark beeinflusst (unter anderem gegen Rotaviren, Tetanus, Tuberkulose und Polio) (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25002669).
Für unsere Darmsanierung durch mikrobiologische Präparate heißt dies, dass es auch hier über die M-Zellen zu einer Immunreaktion auf die nützlichen Bakterien kommt. Und diese Immunreaktion erfolgt unabhängig von der Höhe der Bakterienzahl. Sie würde auch bei nur sehr wenigen Bakterien einsetzen. In diesem Fall erfährt das Immunsystem eine Stärkung seiner Leistungsfähigkeit, da die Zufuhr der Probiotika eine Reihe von Immunprozessen „lostritt“:
Aktivierung von Makrophagen und deren Proliferation
Aktivierung und Steigerung von Natürlichen Killerzellen
das Gleiche gilt für die Granulozyten
humorale Abwehrfaktoren, wie Opsonin und Komplement werden verstärkt
über Makrophagen stimulierte Aktivierung von Lymphozyten
verstärkte Interferonbildung
Aufbau einer Keimkonkurrenz und Antibiose
Auffällig ist hier, dass die Stärkung des Immunsystems nicht über eine Erhöhung von Antikörpern erfolgt. Denn dies würde für Allergiker verhängnisvolle Folgen haben. Der ganze Vorgang erfolgt immer dann, wenn Substanzen von den M-Zellen erfasst werden.
Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um Erreger, Antigene oder nützliche „Sachen“ handelt, die Information für das Immunsystem wird auf jeden Fall erstellt. Damit haben wir einen ersten Eindruck, warum die Immunstärkung auf einer Modulation und nicht auf einer einfachen, „plumpen“ Ankurbelung der Faktoren beruht, die auch für die Allergie mit zuständig sind. Dies gibt dem System die Gelegenheit im Falle einer Allergie oder prinzipiell überschießenden Immunsystems Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ohne die oben aufgeführte Aktivierung unterbrechen zu müssen.
Probiotika sind nämlich bekannt dafür, dass sie allergische Neigungen beseitigen, was in diesem Fall über die Normalisierung der Th1 / Th2 Immunbalance erfolgt. Denn bei allergischen Prozessen liegt in der Regel ein Übergewicht der T-Helferzellen Typ 2 vor. Eine Normalisierung, die die Probiotika einleiten können, führt zur Beseitigung dieser überschießenden Reaktionen.
Spezifische Immunreaktion
Bei dieser Immunreaktion treten erstmals Antigene in den Vordergrund. Hier wird über eine antigenspezifische Aktivierung von B- und T-Lymphozyten eine systemische Immunantwort provoziert. Auch hier spielen die M-Zellen eine Schlüsselrolle. Bei oraler Aufnahme von Substanzen werden über die M-Zellen als Verteiler die B-Lymphoblasten aktiviert, die aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen und auf die an anderen Orten im Organismus befindlichen Schleimhäute übergehen (Bronchialschleimhaut, Vaginalschleimhaut, Nasen-Mundschleimhaut usw.). Aber auch die Darmschleimhaut bleibt von diesem Effekt nicht „verschont“; ein Teil der Lymphoblasten kehrt in den Darm zurück („Homing-Effekt“).
Auf den verschiedenen Schleimhäuten reifen diese dann zu Plasmazellen, die einen spezifischen Schleimhaut-Antikörper produzieren, IgA (Immunglobulin A). Diese Antikörper werden in die Schleimhäute eingebunden und bilden somit einen Antikörper-„Mantel“ gegen bakterielle Angriffe. Hier spielt die Spezifität der Antikörperbildung eine bedeutsame Rolle, denn es sollen keine nützlichen Bakterien, wie z.B. die aus den probiotischen Präparaten, vernichtet werden.
In dieser Eigenschaft sind sie in der Lage, unter Umgehung von kontraproduktiven Entzündungsprozessen, die Adhäsion und Invasion von Bakterien, Viren und anderen unerwünschten Substanzen zu verhindern. Dazu gesellt sich die Fähigkeit dieses „Setups“, Allergene zu erkennen und zu binden. Diese Schutzfunktion ist bei Allergikern nur unzureichend ausgebildet.
Wie signifikant diese Beobachtungen sind, zeigt sich in Arbeiten, die nachweisen konnten, dass Asthmatiker 3 bis 4 mal häufiger einen IgA-Mangel in den Schleimhäuten aufwiesen als gesunde Probanden. In der „Praxis“ konnte dies erstmals in einer finnischen Studie aus dem Jahr 2001 gezeigt werden (Probiotics in primary prevention of atopic disease: a randomised placebo-controlled trial – https://ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11297958).
In dieser Studie wurden Müttern und Neugeborenen mit einer Familiengeschichte einer Atopie oral Probiotika verabreicht. Diese Maßnahme reduzierte signifikant die Ausbildung von atopischen Ekzemen bei den Neugeborenen. Der Effekt wurde mit der verstärkten Ausbildung von schleimhautgebundenem IgA im kindlichen Darm erklärt.
Wie es aussieht, kann die Frage, ob eine Darmsanierung Humbug oder sinnvoll ist, nur folgendermaßen beantwortet werden: Es gibt kaum etwas sinnvolleres.
Obwohl die Probiotika keinen ausschlaggebenden Effekt auf eine Neubesiedlung der Darmflora haben, scheint dieser Effekt dennoch auf Umwegen erreichbar zu sein. Denn die Gabe von Probiotika stimuliert und rejustiert das Immunsystem, über dessen Schiene eine verstärkte Bekämpfung von nicht erwünschten Substanzen und Mikroorganismen zustande kommt.
Und nicht nur unser Immunsystem wird von der Darmflora entscheidend beeinflusst. Studien zeigen, dass eine negative Veränderung der mikrobiellen Zusammensetzung in unserem Verdauungstrakt zu entzündlichen Darmerkrankungen, Übergewicht, Lebensmittelallergien, Diabetes und Stimmungstiefs führen kann (unter anderem beschrieben in www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25126780, www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24475780, www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25731162, www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25157157
Fäkaltransplantation
Einige Mediziner sind dazu übergegangen, ihre Patienten mit einer sogenannten Bakterientherapie (oder auch Fäkaltransplantation) zu behandeln. Sie führen den Stuhl gesunder Spender mithilfe eines Einlaufs in den Darm ihrer Patienten. Hierdurch sollen die günstigen Bakterien rasch die Krankheitserreger verdrängen. Die Ergebnisse sind, laut der Anwender der Therapie, äußerst vielversprechend.
In Deutschland wird die Methode bisher allerdings nicht angewendet. Zu unüberschaubar scheinen die möglichen Risiken. Schließlich wird der Fäzes der Spender nur auf wenige Keime kontrolliert. Infektionen sind daher kaum auszuschließen.
Welch weitreichende Veränderung des gesamten Organismus durch eine so großangelegte Umgestaltung der Darmflora möglich ist, kann bisher ebenfalls kaum abgeschätzt werden. Schließlich wirkt sich die Zusammensetzung der Darmflora auf den Stoffwechsel, die Psyche und das Immunsystem aus. Größere Langzeitstudien zu der Therapie liegen noch nicht vor.
Zurzeit wird versucht, nur die gewünschten Bakterien aus dem Stuhl der Spender zu extrahieren, um Infektionen zu verhindern und die Bedingungen möglichst konstant zu halten. So lässt sich auch der zugegebenermaßen bestehende Ekel überwinden, der sicherlich viele bei der Vorstellung überkommt, fremden Kot in den eigenen Darm zu spülen. Aus meiner Sicht gibt es „angenehmere“ Varianten.