ich starte das neue Jahr 2024 wieder mit einem monatlichen Beitrag.
In diesem Jahr möchte ich sie mit den schillernden Persönlichkeiten in unserem Leben vertraut machen. Die herrlichen Beschreibungen stammen von Peter Levin (Soziologe, Religionswissenschaftler und Osteopath) aus seinem Buch „Deine Organe Dein Leben“
Die Organfamilie
Wir leben in unseren Organen in einer Gemeinschaft zusammen. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen miteinander auskommen, um den Alltag zu bewältigen. Nur wenn es in der Organfamilie allen gut geht und gut gehen darf, ist ein Leben in gemeinsamer Freude möglich. Sonst beherrschen Elend und Zank, Krankheit uns Missgunst des Lebens im Inneren und Äußeren. Hier werden die Organe als liebenswerte Zeitgenossen und zuweilen merkwürdig-schrullige Persönlichkeiten vorgestellt. Für Organliebhaber gilt die goldene Regel: Liebe deine Organe wie dich selbst. Im Leben und in der Liebe ist es ratsam. Das Gegenüber kennen zu lernen, auch wenn das Gegenüber im eigenen Inneren wohnt.
Manche Organe sind sympathisch und interessant, andere fremd und abstoßend. Ein Mindestmaß an freundschaftlichem Umgang mit Respekt für die Bedürfnisse und Nöte der Anderen bleibt jedoch das Geheimnis des glücklichen Organlebens. Solidarität ist geboten und möglich. Geht es einem Organ schlecht, müssen alle ran, wie in einer gut funktionierenden Familie. Jedes Organ hat einen gesunden Egoismus und Überlebenswillen. Irgendwann, wenn der müde Magen allzu lange am Herzen gezogen und auf den Dickdarm gedrückt hat, werden Herz und Dickdarm entscheiden, dass ihr eigenes Überleben wichtiger ist und sich zur Wehr setzen. Dann beginnend die Konflikte in der Organgemeinschaft offenbar zu werden. Und während es zum Hauen und Stechen zwischen den Organen kommt, werden wir krank.
Oft stand Nachlässigkeit und Unverständnis gegenüber einem einzelnen Organ am Anfang. Dann gab es keine gute Lösung der einzelnen Organkonflikte, nur Symptomverschiebungen. Auch Schuldzuweisungen führen nicht weiter. Es braucht die anerkennende Liebe, um die Grenzen des Einzelnen zu erkennen und das gute Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
Füllen wir unserem Magen mit allem was die Konsumwelt zulässt, kann es gut sein, dass er sich wehrt und alles zurückgibt. Belasten wir unsere Lungen über unsere Möglichkeiten, machen sich diese durch Husten und Stimmunterbrechungen bemerkbar. Das Verständnis für die Fähigkeiten und Grenzen unserer Organe macht unser Leben einfacher und schmerzloser.
Die Organe sind eingebettet und eingebunden in die Organgemeinschaft. Der Raum in dem die Organe zusammenleben ist begrenzt. So sind Konflikte und Platzstreitigkeiten vorprogrammiert. Der Magen weiß davon zu berichten, da er sich bei jeder Mahlzeit ausdehnen muss. Dabei kommt er immer wieder in Organvolumenkonflike mit seinen Nachbarn: Dickdarm, Leber, Lungen und Herz. Nimmt ein voller Magen den Lungen ihren Raum oder bedrückt er das auf ihm liegende Herz, kommen schnell Klagen: Atemnot und Herzbeschwerden. Das Beziehungs- und Gemeinschaftsleben der Organe kennt aber auch gemeinschaftliche und solidarische Aspekte. Es wundert jedoch manchmal, dass wir die ganze Breite des Dramas menschlicher Beziehungen auf das Zusammenleben in der Organgemeinschaft projizieren können. In den Organerzählungen ist dem Organ nichts Menschliches fremd; sie erleben Anziehung und Abstoßung, Solidarität und Missgunst, Selbstaufgabe und Autonomiesucht, Schreck und Ekel, Abhängigkeit und Verzweiflung, Verlust und Gewinn, Glück und Pech, Frust und Zufriedenheit.
Unsere Organe sind individuell und unvergleichlich. So wollen sie auch behandelt werden. Über einen Kamm scheren lassen sich Organe sich nicht. So wollen Dünndarm und Niere als eigenständige Persönlichkeiten erkannt werden. Selbst wenn wir den Dünndarm mit seinem Bruder, dem Dickdarm, vergleichen, müssen wir sofort ihre Unterschiede benennen. Der Dickdarm liebt es im Rahmen zu bleiben. Der Dünndarm ist abenteuerlustig und schlägt gern über die Strenge. Kaum auszudenken, was passieren würde, wenn beim Einpacken die Geburtstagsgeschenke für Nieren und Dünndarm verwechselt würden. Wer dem Dünndarm als Überraschung ein Flugticket nach Thailand schenkt, mag goldrichtig liegen. Die Nieren aber, die gern zuhause auf dem Sofa liegen und sich Bildbände ferner Länder anschauen, würde ein solches Geschenk in große Nöte bringen.
In der Organfamilie sind die Aufgaben verteilt. So wie Mutter und Kind, Großeltern und Eltern, Mann und Frau je nach Fähigkeit und Position in der Generationenfolge unterschiedliche Aufgaben in einer Familie erfüllen, so erfüllen die Darmorgane eine andere Aufgabe als die Blutorgane. Ein Herz kann viel leisten für die Familie, aber die Aufgaben der Verdauung kann es beim besten Willen nicht übernehmen. Kommt ein Organ in Rollenkonflikte, wird es mit den Themen der anderen belastet und kann seine eigentlichen Aufgaben nicht mehr sei gut erfüllen.
Es ist gut zu wissen, was ein Organ mag und was es nicht mag, was es kann und was es über die Maßen fordert. Wer dann noch die Lieblingsmusik oder das Lieblingsbuch eines Organes kennt, ist natürlich im Vorteil. Wer die Organe lieben willen wie sich selbst, kann sie hier in aller Schönheit und Eigenart kennenlernen.
In diesem Sinne werde ich im Monat Februar 2024 das Organ „Leber“ vorstellen.