In diesem Jahr möchte ich sie mit den schillernden Persönlichkeiten in unserem Leben vertraut machen. Die herrlichen Beschreibungen stammen von Peter Levin (Soziologe, Religionswissenschaftler und Osteopath) aus seinem Buch „Deine Organe Dein Leben“
Die Lungen
Luftig, wehende Engelsflügel
Die Lungen lieben frische und saubere Luft und ein starkes Herz. Sie zu lieben heißt, ihnen die Grundnahrungsmittel zukommen zu lassen: eine freundliche Beziehung zu dem, was um uns herum ist und die von innen kommende Ernährung über das Blut. Die Besonderheit der Lungen im Organreigen besteht in einer einzigartigen Fähigkeit, mit atmosphärischer Luft umzugehen. Während Darm und Blase mit Nahrung und Urin umgehen, befassen sich die Lungen mit den Bestandteilen der Luft. Die Lungen sind liebenswerte Flügelwesen in unserer Brust. Wer gut mit ihrer Zartheit und Lustigkeit umgeht, wird belohnt. Dem, der sie misshandelt, wird die Luft genommen. Sie zu spüren ist leicht, denn sie schwingen in jedem Atemzug und in jedem gesprochenen Gedanken mit. Die Kraft der Lungen zeigt sich in der Ausdehnung des Brustkorbs beim Atmen, im Pusten und Keuchen der vertieften Atmung. Ihre Widerstandsfähigkeit zeigt sich im Husten, der sich gegen schädliche Stoffe in der Luft wehrt. Im Gegensatz zu jenen Organen, die in der Tiefe leben, ist die Aktivität der Lungen oberflächlich und wahrnehmbar. Die Lunge zeigt sich in der Haltung und Form des Brustkorbs und in der Anstrengung oder Beiläufigkeit des Atmens. Wer schwer atmet hat es schwer. Wer unbeschwert durchs Leben hüpfen will, der wäre gut beraten, die eigene Lunge zu lieben. Sie bestimmt das Lebensgefühl und die Überlebensanstrengung. Einer der häufigsten Gründe, warum Menschen einen Arzt aufsuchen, ist das Gefühl bei alltäglichen Aktivitäten aus der Puste zu geraten. Beschwerden beim Atmen oder die Not, keine Luft zu bekommen, fühlen sich unerträglich und lebensbedrohlich an.
Atem holen und bekommen
Die Lunge fasst Luft und nimmt sie ins Innere auf. Sie ist Behälter, Transport-, Aufnahme- und Abgabeorgan zugleich. Umgangssprachlich sprechen wir von „Atem holen“ und „Luft bekommen“. Dazu gibt es zwei verschiedene Gewebe in den Lungen: die Bronchien als Transportwege und die Lungenbläschen als Aufnahmeorgan. Hier herrscht strikte Arbeitsteilung. In den Lungenbläschen findet die eigentliche Lungenfunktion statt: der Austausch von Gasen. Daher nehmen sich auch den meisten Raum in der Lunge ein. Bekommen wir Luft, geht es um die Aufnahme von Sauerstoff ins Blut. Da dies nur möglich ist, indem Sauerstoff gegen Kohlendioxid getauscht wird, wird dieser Prozess als Gasaustausch bezeichnet. Dabei diffundiert Sauerstoff aus den Lungenbläschen ins Blut und wird von den roten Blutkörperchen aufgenommen. Wenn wir nicht genug Luft ins Blut bekommen, wird uns schwindelig und wir werden müde.
Luftnot
Das Hohlorgan Lunge ähnelt anderen Hohlorganen im Aufbau und in der Funktion. Auch im Hohlorgan Lunge finden wir innen Schleimhaut und aussen Muskeln. Auch hier geht es um Transport und Aufnehme. Jeder, der einen asthmatischen Anfall hatte, kann ein Lied davon singen oder im Anfall pfeifen: Schleimhautschwellung und Muskelspasmus führen zu Luftstau, Atemnot und Todesangst.
Blasebalg oder Luftballon
Der mechanische Vergleich zum Blasebalg oder Luftballon wurde der Lunge oft angeboten. Wie der Blasebalg zieht sie Luft ein und gibt sie wieder her. Wie der Luftballon läßt sich die Lunge durch einströmende Luft aufblasen und wird dann durch die elastische Rückstellkraft der gedehnten Wand wieder zusammenschnurren. Letzteres, das Zusammenschnurren der Lunge, findet zum Glück nicht statt, da die Lunge von einer doppelten Gegenkraft offen gehalten wird.Von außen hält der Brustkorb den Luftballon auf, von innen wirkt die Oberflächenspannung der Lunge gegen das Kollabieren der Lunge. Ein von den Lungen selbst produzierter Stoff (Surfactant) erhöht die Oberflächenspannung in den Lungenbläschen und hält die Lunge in Form und offen für ein-und ausströmende Luft.
Wege der Luft
Am Anfang der Luftröhre finden wir, neben der klassischen Rohrarchitektur aus Muskeln und Schleimhaut, die von außen aufgesetzten Knorpelspangen. Diese halten, unabhängig von Muskel- und Schleimhautspannung, den Hohlraum für die Luftpassage offen.Wenn wir dem Weg der Luft von der Luftröhre in die Bronchienverästelungen folgen, ändert sich das Bild Schritt für Schritt. Anfangs überwiegt die Schleimhaut, die Muskelschicht ist dünn. Die Knorpelspangen der Luftröhre werden in den Bronchien zunehmend zu Knorpelflecken. Je näher wir im Bronchienastwerk den Alveolen kommen, desto weniger Schleimhaut und desto mehr Muskulatur finden wir. Die Knorpelflecken verschwinden gänzlich und am Übergang von Astwerk zu alveoler Blätterkrone gibt es nur noch eine ringförmige muskuläre Verdickung. Mit diesem Schließmuskel kann der Luftstrom am Ende der Luftwege noch ein letztes Mal reguliert werden. Danach gelangt die Luft in die Alveolen, die eine völlig andere Bauweise aufweisen.
Stamm und Krone
Die grüne Lunge der Laubbäume und die Lunge des Menschen ähneln sich in der Bauweise und kommunizieren miteinander. Die Alveoplen nehmen den Sauerstoff auf und geben Kohlendioxid aus dem Blut wieder in die Luft ab. Kohlendioxid in der Atmosphäre wird in den Blättern der Bäume wieder zu Sauerstoff verwandelt.
In Beziehung
Wer atmet, lebt. Die Lungen tragen uns durch das irdische Leben. Die erste Strecke des menschlichen Lebens, vom Mutterkuchen zur Mutter Erde, endet mit dem ersten Atemzug des Neugeborenen. Die erste Belüftung der Lungen markiert das Ende des intrauterinen Paradieses und die Ankunft im atmosphärisch geprägten Leben. Die Lungen sind der Garant, dass wir in der irdischen Atmosphäre leben können und sie begleiten uns bis zum letzten Atemzug. Noch heute wird an der ersten Belüftung der Lunge gemessen, ob ein Neugeborenes geatmet, also gelebt hat.
In guten wie in schlechten Tagen
Lunge und Darm arbeiten zusammen, in guten wie in schlechten Tagen. Eine Lunge, die überlastet ist, wird irgendwann den Darm belasten. Dieser wehrt sich mit Verstopfung, Verschleimung oder Durchfall. Umgekehrt wird ein überforderter Darm die Lungen in Anstrengung versetzen. Die Lunge reagiert auch mit Verschleimung und Verkrampfung. Krampf und Durchfall im Darm stehen der Hustenattacke und dem Asthmaanfall in der Lunge gegenüber. Sowohl Lunge als auch Darm neigen bei Überforderung dazu, sich mit dem eigenen Schleim zu belasten. Der Husten versucht, diesen zu lösen. Wenn er produktiv ist, gelingt es der Lunge, Schleim los zu werden.
Luftfilter
Im Zigarettenrauch und in verschmutzter Luft befinden sich kleine Partikel, die in der Schleimhaut der Luftwege abgefangen werden. Diese Filterfunktion der Schleimhaut von der Nase bis tief in die Lungen hinein ist extrem wichtig, um das eigentlich und sehr sensible Funktionsgewebe der Alveolen zu schützen. Gelangen die Schadstoffe in die Alveolen, können sie bleibende Schäden anrichten. Im feuchten Film der Schleimhaut bleiben Schmutzpartikel kleben und werden von der Flimmerhaar-Rolltreppe zurück transportiert. Vieles bleibt zum Glück bei der Nasenatmung schon im Filter der Nasen- und Rachenschleimhaut hängen und kann einfach durch Räuspern oder Schnupfen eliminiert werden.
Raucher Husten
Jedem Raucher ist der Raucherhusten bekannt. Er ist der verzweifelte Versuch der Lunge, den Teer im Zigarettenrauch los zu werden. Teer und Schleim verkleben und bilden einen Straßenbeleg auf der Schleimhaut. Die Schleimhaut der Bronchien produziert normalerweise 1 bis 2 Liter dünnflüssigen Schleim pro Tag. Dieser kann durch das schleimhauteigene Transportsystem aus Flimmerhärchen zurück zur Luftröhre geschoben werden. In der chronischen Raucher-Bronchitis wird der Schleim zäher und die teerverklebten Flimmerhärchen schaffen den Abtransport nicht mehr. So ist Husten der angemessene, aber angestrengte Versuch, diesen Schleim abzugeben.
Widerstand ist nötig
Die Atmung beginnt im Gesicht mit Nase oder Mund. An den Nasenflügeln erkennen wir, wie jemand atmet und auch, ob er oder sie lungenkrank ist. Über eine Manipulation der Nasenflügel, das Nasenpflaster, haben Sportler versucht, die Leistung der Lungenflügel zu verbessern. Die Nase bringt 50% des nötigen Atemwiderstands auf. Widerstand ist nötig, damit der Luftstrom langsam und anhaltend in die Tiefen der Lunge gelangen kann. Zu viel oder zu wenig Widerstand verändert den Luftstrom und stört die Atmung.
Offene Münder
Nasenatmung tut gut, ist aber nicht mehr selbstverständlich. Heute kommt uns der Anblick von Kindern mit ständig offenem Mund vollkommen normal vor. Vor 30 Jahren wäre das noch als ungewöhnlich aufgefallen. Jenen, die sich mit Kindesentwicklung befassen, ist der offene Mund ein Dorn im Auge, denn der offene Mund erschwert das Leben der Kinder. Atmen und Sprechen werden ebenso erschwert wie die Abwehr von Keimen im Rachenraum. Da der Mund offen steht, atmen die Kinder meist nur durch diesen. Dann wird die Filter- und Abwehrfunktion der Nasenschleimhaut übersprungen. Die Folge ist eine erhöhte Belastung und Anfälligkeit der Rachenmandeln und Schleimhaut für Infekte. Zudem wird das Erlernen einiger Laute durch die verminderte Anspannung der Zunge nicht dort zu liegen, wo sie hingehört: Oben am vorderen Gaumen hinter der oberen Zahnreihe. Die Zunge ist verunsichert, wo sie hingehört und hängt – oft spannungslose – am Mundboden ab. Das ist dann keine „gechillte“ Zunge, sondern ein Entwicklungshindernis. Weiß die Zunge nicht um ihren physiologischen Platz, kann sie ihre enorme Kraft nicht entfalten. Nur über das regelmäßig Schlucken des Speichels wirkt die Zunge mit bis zu 4 Tonnen pro Tag auf den Gaumen ein. Diese Krafteinwirkung ist für die Form- und Funktionsentwicklung des Gesichts, des Kiefers und Mundes von großer Bedeutung. Neben dem Einwachsen der Zähne sind die ständig wirkenden Kräfte der Zunge und der Atmung entscheidend in der Fortbildung des Gesichtsschädels und der Gesichtsmimik.
Höhlen im Gesicht
Wir erkennen im Gesicht nicht nur die Kraft der Atmung und die Gesundheit der Lungen. Das Gesicht weist selbst belüftet Knochen auf, also Knochen, die zur Höhlenbildung neigen. Die Knochen des Oberkiefers, der Stirn und des Ohres sind belüftet (pneumatisiert). Manche der belüfteten Knochen bilden mit der Nase und dem Mund ein in sich verbundenes Höhlensystem. Die beidseitigen Nasennebenhöhlen sind mit der Nasenhöhle verbunden, während die Höhle des Mittelohrs sich in den Mundraum öffnet. Dieses Höhlensystem ist mit Schleimhaut ausgekleidet, die sich dann ihn die Luftröhre und in die Bronchien fortsetzt. So stehen die Lungen und die Nebenhöhlen in Verbindung miteinander. Die Verbindung der Räume und Höhlen birgt Chancen: Kommunikation und Kompensation sind einfach möglich. Sie birgt auch die Gefahr der Verlagerung von Problemen. Wird zum Beispiel bei einer Entzündung der eitrige Schleim nicht abgehustet, kann er in andere Räume gelangen und dort Schaden anrichten. Dieser Umstand ist Eltern und Kinderärzten schmerzlich bewusst, wenn eine Bronchitis der Nasennebenhöhlenentzündung folgt, diese abgelöst wird von der Mandelentzündung, die wiederum gejagt wird von der Mittelohrentzündung und dann der Reigen der Entzündungen in den Luftwegen und belüfteten Knochen erneut beginnt.
Saura Husten
Nicht nur die Gesicht- und Lungenräume sind kommunikativ verbunden. Ach Luft- und Speiseröhre sind ein offenes Röhrensystem. So läuft normalerweise der Schleim der Bronchien in die Speiseröhre und von dort in den Magen. Im sauren Milieu des Magens werden etwaige Bakterienbeigaben abgetötet. Der Rückweg sollte dagegen versperrt sein. Kommt dennoch saurer Magensaft in den Rachen oder die Bronchien, reizt er dort die Schleimhaut und löst Husten oder eine Asthma-Anfall aus. Die Lunge wird durch ein Problem des Mageneingangs geärgert. Die Ursache liegt im unzureichenden Verschluss des Mageneingangs. Dieser würde normalerweise den Rückfluss (Reflux) verhindern. Das Problem der aufsteigenden Magensäure stört besonders Säuglinge. Der Mageneingang schliesst in den ersten Lebensmonaten noch nicht ausreichend, was zu vermehrtem Spucken und Reflux führt. Wenn die Kinder viel auf dem Rücken liegen, kommt noch die Schwerkraft erschwerend hinzu. Dann bringen die Eltern die Kinder in die Senkrechte um das Zurückfliessen in Hals und Lunge zu verhindern. Auch Erwachsene kennen das Problem des reizendes Rückflusses im Liegen, typischerweise beim Schlafen. Viele finden Erleichterung, indem sie leicht erhöht auf Kissen schlafen.
Sperrangel weit offen
Die Lunge ist sperrangelweitoffen, aber nur für einen Stoff. Das unterscheidet sie vom zweiten großen Aufnahemorgan, dem Dünndarm. Der Dünndarm nimmt unterschiedlichste Stoffe auf, wandelt diese jedoch im Prozess der Aufnahme um. Der Dünndarm ist in hohem Maße diskriminierend und assimilierend: Nichts gelangt ins Blut, wie es in ihm ankommt. Die Lunge hat keine Diskriminierungsfähigkeit. Sie nimmt jedes Sauerstoffmolekül auf, das sich anbietet. Sie wandelt den Sauerstoff, den sie aufnimmt, auch nicht um. Das Sauerstoffmolekül bleibt dabei unverändert. In der Lungenphysiologie gab es lange Diskussionen darüber, ob die Aufnahme des Sauerstoffs und den Alveolen ein aktiver oder energieintensiver Prozess ist. Tatsächlich kostet es die Lunge keine Arbeit. Die Grenzmembran der Alveolen ist so sehr für Sauerstoff durchlässig, dass dieser einfach ins Blut diffundieren kann. Über diese kurze Strecke wirkt das Konzentrationsgefälle von Sauerstoff im Blut und Sauerstoff in der Luft und treibt den Gasaustausch an. Die Lunge nimmt in einem geordneten Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf, sie gibt aber auch ab. Das unterscheidet sie vom Dünndarm, der nur aufnimmt.
Sauerstoff und Kohlenstoff
Der Stoffwechsel zwischen innerer Menschen-Natur und äußerer Pflanzen-Natur betrifft unter normalen Lungenbedingungen nur zwei Stoffe. In der Photosynthese der Pflanzen wird Kohlendioxid umgewandelt zu Sauerstoff. Der menschliche Körper braucht Sauerstoff für die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten. Die sauerstoffverbrauchende Energiegewinnung (Oxidation) findet in allen Zellen des Körpers statt, in den Kraftwerken der Zelle (Mitochondrien). Bei der Zellatmung in den Mitochondrien entsteht Kohlendioxid. Leben auf dem Planet Erde ist nur durch diesen Stoffwechsel von Sauerstoff und Kohlenstoff möglich. So schliesst sich der grosse Stoffwechselkreis in den Lungen, indem zwei kleine Kreise sich dort treffen: Die innere Zellatmung produziert Kohlendioxid, das Chlorophyll der Pflanzen produziert Sauerstoff, beide tauschen sich in den Lungen aus. Laub, Luft und Lungen sind eingebunden in einen zirkulären Stoffwechsel.
Flügelwesen
Die Lunge: ein Flügelwesen, ein Schmetterling, eine Libelle, ein Flugzeug, ein Engel. Die Lungenflügel verbinden sich in der Mitte mit dem Herz und mit der Luftröhre. Die Verbindungsstreben bilden einerseits die grossen Bronchialstämme zur Luftröhre, aber auch die großen Gefäße verbinden Herz und Lunge. Die Mitte des luftflügeltragendes Engels in der Brust ist das Herz. Diese wird von den Lungenflügeln ummantelt und zeigt mit seiner Herzspitze nach links. Eine Herzschwäche kann dazu führen, dass die Lungen unter Flüssigkeitsstau leiden. Dieser macht sich oft nur als Husten bemerkbar. Ebenso kann es dazu kommen, dass Menschen mit Lungenproblemen vermehrt ihr Herz belasten, um Blut in die Lunge zu pumpen.
Extremitäten
Die Lunge ist ein Zwillingsorgan wie die Nieren. Organe, die paarig vorkommen, sind selten und spielen eine besondere Rolle. Die paarige Anlage des Organs verweist auf ein typisches Merkmal des Bewegungsapparates: Extremitätenbildung und Balancierung in der Rechts-Links-Symmetrie oder Asymmetrie. Das Lungenwachstum geht – wie nahezu jedes Wachstum – nicht ganz symmetrisch vonstatten, da die rechte Lunge mit drei Lappen etwas größer ist als die linke Lunge, die mit ihren zwei Lappen dem Herz etwas Platz lässt. Der knöcherne Container des Flügelwesens, besteht aus Rippen, Brustbein und Wirbelsäule, lässt von der inneren, organischen Asymmetrie wenig erkennen.
In der Balance
Ein wichtiges Element des Gleichgewichts und der Orientierung im Raum liegt darin, dass wir Menschen uns über die symmetrisch angelegten Extremitäten im Raum ausrichten und balancieren können. Unserer ersten Bewegungsmuster und stabilsten Positionen sind auch durch die gleichsinnige Aktivität der Extremitäten möglich. Anfangs stützen wir uns in Bauchlage auf beide Unterarme, dann stützt eine Seite, während die andere nach dem Spielzeug greift. Oft lernen wir zuerst, auf den Beinen zu stehen oder zu springen. Dann ist erst der Ein-Bein-Stand möglich. In der Symmetrie der Arm- und Bein-Extremitäten ergeben sich im Laufe des Lebens kleinere Asymmetrien und funktionelle Einseitigkeiten , wie z.B. eine Händigtet oder Fußdominanz beim Sprung oder Schuss. Diese Asymmetrien sind aber wohlintegriert in das System der dynamischen Wiederherstellung des Gleichgewichts. Erst wenn größere Veränderungen der räumlichen Präsenz der Lungenflügel oder Herzmitte einseitig die Balance stören, kommt es zu erkennbaren Asymmetrien. Einseitiges Überblähen oder Zusammenziehen der Lunge führt oft zu Skoliosen, also Formveränderungen des knöchernen Brustkorbs. Diese Veränderungen der inneren und äußeren Balance der Kräfte stellen eine hohe Herausforderung dar, wenn es darum geht, das Gleichgewicht zu halten. Ähnliche Probleme entstehen beim anderen Zwillings- und Extremitätenorgan, wenn die Rechts-Links-Balance durch die Entfernung einer Niere gestört wird.
Luftkissen für die Aufrichtung
Insbesondere in der sensomotorischen Entwicklung des ersten Lebensjahres spielt die Lunge als inneres Luftkissen eine wichtige Rolle. Das Luftkissen trägt das Kind von innen, wenn es im Unterarmstütz die nahe Umwelt erkundet. Es unterstützt den Brustkorb beim Sitzen, sodass diese anfangs recht anstrengende Position bald mit Leichtigkeit selbst und aktiv gehalten werden kann. Bei Frühgeborenen Säuglingen ist das Fehlen der Luftkissenhilfe oft zu beobachten. Da aufgrund der frühen Geburt und mangelhaften Ausbildung der Oberflächenspannung die Lunge manchmal nicht ihre volle Ausdehnung als Luftkissen geschafft hat, ist sie nicht in der Lage, die kindliche Entwicklung von innen zu tragen. Ein Unterarmstütz ohne die expansive Kraft des Luftkissens ist für das Kind anstrengend. Wenn aber das Luftkissen sich gar zusammenzieht, wird die Bauchlage so schwer, dass die Kinder sie meiden. Dann geht die Leichtigkeit der Aufrichtung verloren. Einem Kind ohne Leichtigkeit in der Bauchlage geht eine für die weitere Entwicklung wichtige Grundlage.
Die Beweger
Der wichtigste Bewegen der Lungen ist das Zwerchfell, ein Muskel, der quer im Köper liegt und die Körperhöhlen trennt. Er spannt sich zwischen den Organen des Oberbauches und des Brustraume und ist fixiert an den unteren Rippen und an der Wirbelsäule. Gebaut ist er wie ein Doppelzelt oder eine doppelkippelige Basilika mit einem stabilen Sehnen-Anker in der Mitte. Die beiden seitlichen Kuppeln liegen unter den Lungenflügeln. Kontrahiert sich der Zwerchfellmuskel, ziehen sich die Kuppeln zusammen und sinken ab. Die Bewegung überträgt sich auf die Lungen und dehnt sie aus. Der dabei entstehende Druckunterschied lässt die Luft einströmen, wie beim Aufziehen einer Luftpumpe oder beim Auseinanderziehen des Akkordeons. Die Zwerchfellkontraktion zieht dass Lungen-Akkordeon auseinander, gleichzeitig dehnen sich die Rippen durch die Aktivität der Zwischenrippenmuskeln aus. Die einströmende Luft weitet die Lunge von innen her. Die danach folgende Ausatmung wird von der Rückstellkraft der, in der Einatmung gedehnten, elastischen Fasern in der Lunge und in den Rippen getragen.